Krankheitskosten von der Steuer absetzen: So geht’s

Die Kosten für Kontaktlinsen oder innovative Behandlungen übernimmt nicht jede Krankenversicherung. Aber es ist in manchen Fällen möglich, Krankheitskosten von der Steuer abzusetzen. Was du beachten musst und wie du Arztkosten in deiner Steuererklärung angibst, erklären wir dir in diesem Artikel.

Wann kann ich Krankheitskosten steuerlich absetzen?

Krankheitskosten gelten als außergewöhnliche Belastung. Das bedeutet: Du kannst deine Sonderausgaben dann in der Einkommenssteuererklärung geltend machen, wenn sie eine bestimmte Höhe überschreiten. Wo die Grenze liegt, ist von Fall zu Fall verschieden. Schließlich hat nicht jeder gleich viel Geld zur Verfügung: Ein kinderloser Unternehmensberater kann hohe Sonderausgaben schließlich besser wegstecken als eine alleinerziehende Mutter mit drei Kindern.

Wie hoch ist die zumutbare Belastung bei Krankheitskosten?

Wie viel der Gesetzgeber dir an Krankheitskosten zumutet, hängt davon ab, wie viel du verdienst, ob du verheiratet bist und ob du Kinder hast. Einen ersten Eindruck vermittelt die folgende Tabelle:

Einkünfte (in Euro)

Single ohne Kinder

verheiratet ohne Kinder (Zusammenveranlagung)

1 – 2 Kinder; 

3 Kinder oder mehr

< 15.340

5 %

4 %

2 %; 1 %

15.351 – 51.130

6 %

5 %

3 %; 1 %

> 51.130

7 %

6 %

4 %; 2 %

Zu den Einkünften zählen nicht nur Löhne, sondern auch Mieteinnahmen oder Kapitelerträge. Bei Eheleuten werden die Einkünfte beider Partner zusammengerechnet.

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Vorsicht:

Die Tabelle dient nur als erste Orientierungshilfe. Denn die Berechnung ist etwas komplizierter, um Menschen an Grenzwerten nicht zu benachteiligen. Wer beispielsweise 51.200 Euro verdient, würde bei starrer Anwendung der Tabelle steuerlich genauso behandelt werden wie jemand, der mit 120.000 Euro ein deutlich höheres Gehalt bekommt. Um diesen Nachteil abzufedern, berechnet das Finanzamt die tatsächliche Grenze der außergewöhnlichen Belastung stufenweise. Wir zeigen dir, wie’s geht.

Ein Rechenbeispiel:

Sagen wir, du bist ein kinderloser Single und verdienst 65.000 Euro. Das bedeutet, die erste Stufe der Tabelle kannst du quasi „mitnehmen“. 5 % von 15.340 Euro werden komplett angerechnet.

5 % von 15.340 Euro = 767 Euro

Die zweite Stufe wird auch komplett verrechnet, aber natürlich abzüglich der bereits angesetzten Einkünfte.

51.130 Euro – 15.340 Euro = 35.790 Euro

6 % von 35.790 Euro = 2.147,40 Euro

Jetzt sind wir in der dritten Stufe angelangt. Das schon verrechnete Einkommen wird auch hier wieder abgezogen.

65.000 Euro – 51.130 Euro = 13.870 Euro

7 % von 13.870 Euro = 970, 90 Euro

Alles zusammengerechnet (767 Euro + 2.147,40 Euro + 970, 90 Euro) kommen wir nun auf 3.885,30 Euro. Ab diesem Betrag kann unser kinderloser Single also seine Krankheitskosten steuerlich geltend machen.

Tipp:

Wer keine Lust auf Rechnen hat und trotzdem wissen will, was er in der Steuererklärung absetzen kann, kann das Tool des Finanzamts nutzen.

Du siehst schon: Es muss einiges zusammenkommen, bevor du mit einem Steuervorteil rechnen kannst. Und auch dann musst du alle Kosten unterhalb der Grenze komplett selbst tragen. Kommt unser kinderloser Single also auf stolze 4.500 Euro Krankheitskosten im Jahr, kann er nur 614,70 Euro als außergewöhnliche Belastung geltend machen.

Wichtig ist auch zu wissen, welche Leistungen überhaupt steuerlich als Sonderausgaben zählen. Denn nicht alle Krankheitskosten werden anerkannt.

Welche Krankheitskosten sind steuerlich absetzbar?

Hier ein Auszug der wichtigsten Leistungen, die du von der Steuer absetzen kannst:

  • Logopädie
  • verschriebene Arzneimittel
  • Raucherentwöhnung
  • Suchtbehandlung
  • Aids-Behandlung
  • Hilfsmittel wie Rollstühle, Prothesen und Hörgeräte
  • krankheitsbedingte Fahrtkosten (30 Cent pro Kilometer bei Autofahrten)
  • Krankenhausaufenthalt (Selbstzahlerbetrag)
  • Begleitung eines kranken Kindes
  • Heilkuren
  • Legasthenie
  • Krankheitskosten, die im Ausland entstanden sind

Wichtig ist, dass deine Behandlung medizinisch notwendig ist und von deinem behandelnden Arzt oder Ärztin oder Heilpraktiker:in angeordnet wurde. Diese Notwendigkeit wird nur anerkannt, wenn dein Behandler eine Zulassung hat.

Bei Behinderungen gibt es übrigens Pauschalen, die du in der Steuererklärung anstatt der üblichen Krankheitskosten geltend machen kannst.

Du darfst auch Krankheitskosten dann von der Steuer abziehen, wenn dein Kind krank ist und du noch Kindergeld erhältst. Es gilt immer der Zeitpunkt, an dem du die Rechnung bezahlt hast.

Falls deine Krankenkasse zumindest einen Teil der Ausgaben erstattet hat, musst du diesen Teil vom Gesamtbetrag abziehen.


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Wann brauche ich ein Attest?

Ein Attest des Amtsarztes oder des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen ist erforderlich bei:

Das Attest soll die medizinische Notwendigkeit belegen.

Was kann ich nicht von der Steuer absetzen?

Nicht von der Steuer abzugsfähig sind:

Welche Sonderausgaben kann ich noch von der Steuer absetzen?

Denke auch daran, dass nicht nur Krankheitskosten, sondern auch andere Sonderausgaben für die Steuer relevant sind.

Zu den außergewöhnlichen Belastungen gehören zum Beispiel auch Kosten, die bei einer Scheidung oder Umschulung wegen Arbeitsunfähigkeit entstehen. Heimkosten, die ein pflegebedürftiger Angehöriger verursacht, zählen auch dazu.


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Welche Sonderausgaben sind nur beschränkt und welche unbeschränkt von der Steuer abziehbar?

Zu unterscheiden sind besondere und allgemeine außergewöhnliche Belastungen. Letztere Sonderausgaben sind unbeschränkt abziehbar – du musst bei der Steuererklärung keine Deckelung beachten.

Wo trage ich die Krankheitskosten in der Steuererklärung ein?

Es gibt eine Anlage für außergewöhnliche Belastungen. Dort trägst du alle Posten ein, die du geltend machen möchtest. Achte darauf, dass du für jeden Posten eine Rechnung hast, um sie bei Bedarf vorzeigen zu können.

Du wirst einige Rechnungen sammeln müssen, bevor du die magische Grenze der zumutbaren Eigenbelastung knackst. (Wenn es dir überhaupt gelingt.) Viele bleiben Jahr für Jahr unter ihrem persönlichen Grenzbetrag und können geringere Beträge und Krankheitskosten nicht von der Steuer absetzen.

Unser Tipp:

Wenn möglich, ziehe so viele Kosten wie möglich ins selbe Jahr. Bei bestimmten Posten wie einer neuen Brille, einer Rauchentwöhnung oder einer künstlichen Befruchtung gibt es vielleicht eine gewisse Flexibilität.

Du fragst dich, was man sonst noch von der Steuer absetzen kann? Die PKV zum Beispiel! Mit Vorauszahlungen hast du auch hier einen gewissen Spielraum, wenn du selbstständig bist. Auch ein Homeoffice kannst du neben vielen anderen Sonderausgaben in der privaten Steuererklärung angeben.

Jeannette Stowasser
HIER SCHREIBT Jeannette Stowasser

Jeannette ist Online-Redakteurin für Gesundheit und schreibt seit 2011 Artikel, E-Books und Whitepaper zu den verschiedensten medizinischen Themen.

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