Nudging: Manipulation oder Lebenshilfe?

Menschen sind Gewohnheitstiere. Nur sind viele Gewohnheiten nicht sehr hilfreich: Fernsehen statt Sport, Burger statt Salat – die Liste ließe sich fortsetzen. Nudging soll helfen, dich sanft in die „richtige“ Richtung zu schubsen. Wie trägt es dazu bei, Gewohnheiten einer ganzen Nation zu verändern?

Definition: Was ist Nudging-Management?

Nudging (deutsche Übersetzung: „Anstoßen“, Schubsen“) bedeutet, Menschen subtil in eine bestimmte Richtung zu bewegen, ohne Druck, Zwang oder ökonomische Anreize auszuüben. Sie haben weiterhin alle Wahlfreiheiten, doch das gewünschte Verhalten wird als besonders attraktiv dargestellt. Eingesetzt wird Nudging, das aus der Verhaltensökonomie stammt, sowohl von Politikern als auch von Unternehmen und Versicherungen. Wie es genau funktioniert, lässt sich mit einigen Beispielen sehr gut veranschaulichen.

Wie funktioniert Nudging?

Stell dir vor, du gehst mittags in die Kantine und hast großen Hunger. Nach einer mittelmäßigen Mahlzeit willst du noch schnell eine Nachspeise mit in dein Büro nehmen. Direkt am Ausgang der Kantine ist ein Obstkorb aufgestellt, ein Schrank mit Süßigkeiten steht am anderen Ende des Raumes. Was würdest du mitnehmen, wenn du in Eile bist? Wenn du grundsätzlich nicht abgeneigt bist, Obst zu essen, wirst du wohl eher zur Banane oder zum Apfel greifen.

Das ist ein klassisches Beispiel für Nudging, wie es Richard Thaler und Cass Sunstein in ihrem Buch „Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt“ beschreiben. Die beiden haben den Begriff des Nudgings geprägt.

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Weitere Beispiele für Nudging: 

Ist Nudging Manipulation?

Nudging geht davon aus, dass der Mensch kein Homo oeconomicus ist und eben nicht immer rein rational entscheidet. Natürlich weiß jeder, dass Stromsparen und gesunde Ernährung wichtig sind, aber häufig siegt eben doch die Bequemlichkeit. Oder die Wahlmöglichkeiten sind so groß, dass wir am Ende gar keine Entscheidung treffen.

Ein Beispiel: Das Ergebnis einer psychologischen Studie der Columbia-Universität in New York Studie besagt, dass Menschen eher ein Glas Marmelade kaufen, wenn sie sechs statt 24 Sorten zur Auswahl haben. Die vielen Wahlmöglichkeiten machen unsicher und sorgen dafür, dass wir uns eher abwenden und nichts tun.

Nudging kann eine Verhaltensänderung anstoßen, die wir aus rein rationaler Sicht sowieso erstrebenswert finden. So angewandt, hilft uns die Methode lediglich, unser Verhalten zu optimieren. Tatsächlich plädierten die beiden Erfinder des Nudgings für eine ethische Implementierung: Es soll den Menschen einfach gemacht werden, sich gegen die anvisierte Wahlmöglichkeit zu entscheiden, und das Nudging soll auf das Wohlergehen der Gesellschaft ausgerichtet sein.

Natürlich gibt es auch Kritiker, die Nudging als Manipulation ansehen. Schließlich dient diese Methode aus der Verhaltensforschung dazu, Menschen in eine bestimmte Richtung zu bewegen. Solange diese Richtung auf dem Konsens einer gesellschaftlichen Debatte beruht, sieht Psychologie-Professor Dr. Margraf Nudging laut DZW eher als „Lebenshilfe“ an. Völlig unbeeinflusst zu handeln, sei sowieso unmöglich.

Im Umkehrschluss bedeutet das: Eine intransparente Umsetzung von Nudging zu Gunsten von Zielen, die nicht der Allgemeinheit dienen, wäre unethisch. Die Frage, ob Nudging Manipulation ist, muss also von Fall zu Fall beantwortet werden. Außerdem sollten den Menschen nicht zu viele Entscheidungen abgenommen werden.


Eine Portion Motivation gefällig?

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Anzufügen ist auch, dass Nudging nicht nur von Organisation verwendet werden kann. Jeder einzelne kann digitale Nudges im Alltag nutzen, um seine Gewohnheiten gezielt zu ändern.

Nudges im Alltag: Diese Apps stärken deine Gesundheit

Mittlerweile gibt es viele Health Apps, die mit Nudging arbeiten: Ernährungsapps helfen dir, gesund zu kochen und Muskelmasse aufzubauen. Digitale Check-ups sagen dir wiederum, wie es um deine Gesundheit bestellt ist oder welche Ursache hinter bestimmten Beschwerden stecken könnte. Und natürlich gibt es auch Fitness-Tracker, die messen, ob du genug Sport machst. All diese verschiedenen Nudging-Ansätze kannst du nutzen, um anhand bestimmter Informationen dein Verhalten zu ändern.

Wir stellen dir hier einige Apps vor, mit denen du sofort mit dem E-Nudging beginnen kannst.

Was ich esse

Mit der App der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung kannst du prüfen, ob du dich gesund ernährst. Wenn du die Lebensmittel eingibst, die du zur dir nimmst, werden sie automatisch mit der Ernährungspyramide verglichen. Das Ergebnis zeigt dir, wo Verbesserungsbedarf besteht.

Was ich esse

Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung

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8fit

Diese App hilft dir, deinen Lebensstil zu ändern und liefert dir ein Rundrum-Paket für Gesundheitsnudging: Sie zeigt dir Übungen, damit du zu Hause trainieren kannst, und gibt Ernährungstipps. Du kannst einen eigenen Ernährungsplan erstellen, deine Kraft testen und deine Schritte zählen. So hast du deine Fitness immer im Blick und kannst sie nach Lust und Laune optimieren.

8fit Fitness- & Ernährungsplan

Trainiere überall, jederzeit

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Vorsorge-Skat

Diese App hilft dir, dein Vorsorge-Potential auf spielerische Art und Weise auszuschöpfen. Du kannst ausrechnen, wie viele Kalorien du am Tag brauchst, welchen BMI du hast, wie viele Promille du mit einem Feierabendbier zu dir nimmst und wann die nächste Vorsorge-Untersuchung oder Impfung fällig ist. So siehst du schnell, wo Handlungsbedarf ist. Außerdem kannst du Freunden ganz einfach auf den ein oder anderen Tipp aufmerksam machen.

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Initiative Präventionspartner

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Nudging bei Versicherungen: Viel mehr als Bonusprogramme!

Viele Krankenversicherungen belohnen ihre Kunden, wenn sie auf ihre Gesundheit achten und dadurch Krankheiten vermeiden. Zwar sind auch entsprechende Bonusprogramme „Anstupser“ in die richtige Richtung, doch beim klassischen Nudging werden keine ökonomischen Anreize gesetzt. Nudging sieht bei Krankenversicherungen also anders aus.

Bei ottonova beispielsweise gibt es nur Tarife mit Selbstbehalt. Du zahlst je nach Tarif entweder zehn oder 25 Prozent von jeder Rechnung selbst – bis zu einem Maximum von 500 oder 1.250 Euro pro Jahr. Der Großteil der Rechnung bezahlt ottonova also auf jeden Fall. So kommst du als Patient nicht auf die Idee, einen Arztbesuch aufzuschieben, nur weil du sonst nie krank bist und die Rechnung selbst bezahlen müsstest. Wenn Arztrechnungen erst ab einem bestimmten Betrag pro Jahr bezahlt werden, verführt das dazu, Vorsorgetermine auszusetzen.

Bei ottonova „stupst“ dich das Nudging also dazu an, gleich zum Arzt zu gehen, wenn du krank bist und die Vorsorge wahrzunehmen.

Auch unser healthX Programm belohnt dich bei der Teilnahme an unseren Befragungen mit Gesundheitsangeboten in den Bereichen EAT, MOVE und MIND und stupst dich so in die Richtung, etwas für deine Gesundheitsvorsorge zu tun. Davon hast du ganz persönlich etwas, aber auch das Versicherungskollektiv, das zusammen gesund bleibt.

Fazit:

Nudging ist so gut oder schlecht wie die Absicht, die dahintersteht. Clever genutzt kannst du die dich damit selbst in eine bestimmte Richtung manövrieren, um gesünder zu leben oder deine Ziele umzusetzen.

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Jeannette Stowasser
HIER SCHREIBT Jeannette Stowasser

Jeannette ist Online-Redakteurin für Gesundheit und schreibt seit 2011 Artikel, E-Books und Whitepaper zu den verschiedensten medizinischen Themen.

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