Big Data in der Gesundheitsbranche: Der kompetente Patient
Big Data birgt große Chancen, aber auch große Risiken für das Gesundheitswesen: Wie Patienten die Souveränität über ihre Daten behalten können und die Chancen der Digitalisierung im Gesundheitswesen genutzt werden können, beschreibt der Deutsche Ethikrat in einer Stellungnahme. Auch ottonova nimmt Stellung.
Inhalt des Ratgebers
Big Data ist auch in der Medizin angekommen. Die Datenmengen, mit denen in der Gesundsheitsbranche gearbeitet wird, werden immer größer. Wie können Patienten dazu befähigt werden, angemessen mit einem digitalen Gesundheitswesen umzugehen und nicht die Souveränität über ihre Gesundheitsinformationen- und Daten zu verlieren? Diese Frage stellte sich auch der Deutsche Ethikrat im Jahr 2017.
Big Data im Gesundheitswesen:
Big Data bedeutet nicht nur der Umgang mit sehr großen Datenmengen, sondern auch die Nutzung von Daten in verschiedenen Kontexten und deren Verknüpfung (De- und Rekontextualisierung) Vorteile von Big Data sind die mögliche Entwicklung innovativer digitaler medizinischer Instrumente, der zeit- und ortsunabhängige Zugang zu Gesundheitsinformationen und Hilfestellung für gesundheitsbewusstes Verhalten und Förderung des Wohlbefindens durch Anwendungen und Apps. Gefahren, denen begegnet werden muss, sind der mögliche Datenmissbrauch, Intransparenz und der Kontrollverlust des Patienten über seine Daten.
Längst sind nicht alle Deutschen Digital Natives und fit für das digitale Zeitalter. Durch die Nutzung digitaler Dienste wie beispielsweise der elektronischen Patientenakte, telemedizinischen Angeboten oder des E-Rezepts wird den Patienten mehr und mehr abverlangt und dies macht eine Bildungsoffensive nötig.
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Aber auch für digital Erfahrene ist die Qualitätsbeurteilung digitaler Anwendungen wie Apps nicht immer leicht. Und auch der Datenfluss solcher Anwendungen ist längst nicht immer transparent gestaltet. Der Deutsche Ethikrat zeigt in einer Stellungnahme Lösungswege auf, wie die Chancen von Big Data im Gesundheitswesen genutzt werden können und den Risiken begegnet werden kann.
„Datensouveränität sollte das zentrale ethische und rechtliche Ziel im Umgang mit Big Data sein.“
In seinem Thesenpapier schlägt der Deutsche Ethikrat das Konzept der Datensouveränität der Patienten als Grundlage für den Umgang mit Big Data vor, um dessen Vorteile etwa für die medizinische Forschung nutzen zu können. Datensouveränität ist dabei eine Weiterentwicklung der informationellen Freiheitsgestaltung: Das Ziel ist eine interaktive Persönlichkeitsentfaltung unter Wahrung der Privatheit in einer digitalisierten und vernetzten Welt.
„Datensouveränität, verstanden als eine den Chancen und Risiken von Big Data angemessene verantwortliche informationelle Freiheitsgestaltung, sollte das zentrale ethische und rechtliche Ziel im Umgang mit Big Data sein.“
Big Data und Vernetzung können nämlich bei richtiger Nutzung zu besserer Diagnostik, Therapieverfahren und effektiver Prävention und gesundheitsförderlichen Verhalten etwa durch Apps führen. Risiken sehen die Mitglieder des Ethikrates allerdings in der schwankenden Datenqualität, Intransparenz und der Gefahr des Kontrollverlusts.
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Anwendungsbereiche von Big Data im Gesundheitsbereich:
Im Gesundheitswesen lassen sich laut Ethikrat fünf Anwendungsbereiche von Big Data exemplarisch auf ihre jeweiligen Chancen und Risiken untersuchen:
Biomedizinische Forschung
Gesundheitsversorgung
Datennutzung durch Versicherer und Arbeitgeber
Kommerzielle Verwertung gesundheitsrelevanter Daten durch global agierende IT- und Internetfirmen
Datenerhebung durch Betroffene selbst
Das Ziel ist es, dass Patienten aktive Mitbestimmung erhalten, wie ihre Daten genutzt und weitergegeben werden sollen. Die Chancen und Risiken von Big Data liegen also im angemessenen Umgang mit gesundheitlich relevanten Daten.
„Wenn solche vielfältigen Daten verwertet werden, ermöglicht dies tiefe Einblicke in den aktuellen Gesundheitszustand, die Persönlichkeit sowie den Lebenswandel und erlaubt teilweise sogar Vorhersagen, etwa zur Krankheitsentwicklung.“
Wichtig ist es im Umgang mit Daten auch, darauf zu achten, dass es dabei zu keiner Form der Diskriminierung kommt. Besonders, wenn es um Selbstvermessung und verhaltensbasierte Datenerhebung etwa durch Apps geht. Wodurch den Nutzern zum einen Vorteile entstehen können.
Der Ethikrat befürchtet die mögliche Diskriminierung von Personen, die sich an solchen Messungen nicht beteiligen können oder wollen.
Dies steht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Außerdem haben längst nicht alle Zugang (möglicherweise aus finanziellen Gründen) zu digitalen Anwendungen oder haben – denken wir an ältere Mitbürger – ein Kompetenzdefizit und können deshalb digitale Angebote nicht nutzen.
Auch die wirtschaftlichen Interessen der Hersteller sowie Mängel bei Nutzerfreundlichkeit, Transparenz und Datenschutz stehen in der Kritik des Rates. Außerdem sieht er in der Regulierung, Koordination und auch der Qualifikation im Umgang mit Daten und deren Verarbeitungsverfahren noch Qualitätsdefizite.
Um diesen Risiken entgegen zu wirken, hat der Ethikrat ein Empfehlungskonzept aufgestellt. Dieses orientiert sich an den Werten: Freiheit, Privatheit, Souveränität, Wohltätigkeit, Gerechtigkeit, Solidarität und Verantwortung. Der Datengeber steht dabei im Zentrum der Überlegung. Es ist also ein Konzept, das aus Patientensicht gedacht wurde. Dieser ist dabei sowohl aktiv handelndes und befähigtes als auch zu schützendes Subjekt.
Der Gesetzgeber sei in der Pflicht, heißt es weiter in der Stellungnahme von 2017, rechtliche und technische Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Menschen ihre Datensouveränität wahrnehmen können.
Vier Empfehlungen im Umgang mit Big Data:
Die Potentiale von Big Data zu erschließen
Individuelle Freiheit und Privatheit zu wahren
Gerechtigkeit und Solidarität zu sichern
Verantwortung und Vertrauen zu fördern
Solange ein umfassender Datenschutz, eine effektive Anonymisierung und das Recht auf Vergessen nicht gewährleistet sei, sieht der Rat die Nutzung von Big Data im Gesundheitsbereich kritisch.
Derzeit wird das Patientendatenschutzgesetz im Bundestag diskutiert, das rechtliche Rahmenbedingungen für die Digitalisierung im Gesundheitswesen schaffen will. Allerdings äußerten Sachverständige bei einer Anhörung im Mai 2020 erneut Kritik am Datenschutz und der Datensicherheit. Die schärfste Kritik kam vom Chaos Computer Club. Dieser hatte im Dezember 2019 schon gezeigt, wie einfach sich Unbefugte Zugang zur staatlichen Telematik-Infrastruktur verschaffen könnten. Streitpunkte gibt es in der Großen Koalition auch darüber, ob forschende Pharmaunternehmen Zugriff auf die Patientendaten erhalten sollten.
Wo Big Data aufgeklärt genutzt wird
Ein Beispiel für ein Projekt, wo die Empfehlungen des Deutschen Ethikrates greifen, ist das Forschungsprojekt „DataBox“. Es ist eine Gesundheitsplattform für Lungenkrebspatienten, auf der diese ihre Gesundheitsdaten wie etwa Röntgenbilder freiwillig zur Verfügung stellen können. So können Patienten durch eine „Datenspende“ aktiv an der Forschung beteiligt werden und damit möglicherweise zukünftigen Lungenkrebspatienten helfen, weil die Datengrundlage für die Forschung an effektiven Therapien größer wird. Verschiedene, an der Therapie beteiligte Ärzte, können sich aber auch schneller einen Überblick über das Krankheitsbild des Patienten verschaffen. Der Patient besitzt dabei die Rechte an seinen Daten und bestimmt selbst, wie diese genutzt werden.
ottonova Fazit: Wir brauchen digitale Gesundheitskompetenz
Das Informationsangebot rund um Gesundheit und Medizin war noch nie so groß wie heute. Stichwort: Frag Dr. Google und sei danach besorgt. Zum einen kursiert eine Vielzahl medizinischer Falschinformationen im Netz und Nutzer können gegebenenfalls seriöse Quellen nicht von unseriösen Quellen unterscheiden. Zum anderen können die meisten Patienten gesundheitsrelevante Informationen nicht hinreichend interpretieren.
Außerdem benötigt der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning im Rahmen der Digitalisierung im Gesundheitswesen sehr große Datenmengen. Dies ist wichtig für Forschung und Wissenschaft im Bereich der Medizin und dem Vorantreiben innovativer Ideen im Bereich E-Health.
Wie schon im Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz 2018 festgestellt wurde, braucht es also einerseits die Förderung der Gesundheitskompetenz der Patienten. Dies sind Fähigkeiten einer Person, die ihr einen informierten Umgang mit elektronischen Anwendungen im Gesundheitswesen ermöglichen. Hinzukommt aber im Hinblick auf die zunehmende Digitalisierung des Gesundheitswesens, dass es andererseits auch einer Schulung der digitalen Medienkompetenz der Patienten bedarf, um dieser Digitalisierung ohne Diskriminierung begegnen zu können.
Wir von ottonova würden an dieser Stelle von digitaler Gesundheitskompetenz sprechen. Denn auch ottonova als erste rein digitale Krankenversicherung steht dabei genau vor der Frage der Befähigung zu digitaler Gesundheitskompetenz. Angefangen von der Nutzerfreundlichkeit bis hin zu einwandfreier und einfacher Kommunikation von Wissensinhalten sowie zum Schutz unserer Kundendaten. Der kompetente Patient auf Augenhöhe, der die Souveränität über seine Daten hat, muss erklärtes Ziel von Ärzten, Politik und Krankenversicherungen sein.
Marie-Theres ist Online Redakteurin bei ottonova. Sie konzipiert den Redaktionsplan, recherchiert und schreibt vor allem über E-Health, InsurTech und digitale Innovation, die das Leben besser machen.