Einen deutschen Gehaltszettel zum ersten Mal zu sehen, kann ziemlich überwältigend sein – viele Abkürzungen, Fachbegriffe und ungewohnte Abzüge. Wenn du jedoch die Grundstruktur einmal verstanden hast, wird schnell klar, wie dein Brutto- und Nettogehalt zusammenhängen. Und abhängig von deiner persönlichen Situation gibt es sogar legale Möglichkeiten, deine monatlichen Abzüge zu optimieren.
Steuern: Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer
Einkommensteuer
Deutschland nutzt ein progressives Einkommensteuersystem. Wie viel du zahlst, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Gesamteinkommen, Steuerklasse, Familienstand, Kinder sowie möglichen Freibeträgen. Diese Freibeträge (z. B. Grundfreibetrag) werden regelmäßig angepasst und senken deine Steuerlast.
Solidaritätszuschlag (Soli)
Den Solidaritätszuschlag (kurz Soli) zahlen nur besser Verdienende. Ab 2026 wird der Zuschlag fällig, wenn die Einkommenssteuer 20.350 € übersteigt, also bei einem zu versteuernden Einkommen von mehr als 75.000 €.
Kirchensteuer
Wenn du Mitglied einer kirchensteuerpflichtigen Religionsgemeinschaft bist (z. B. katholische oder evangelische Kirche), zahlst du 8 % oder 9 % deiner Einkommensteuer als Kirchensteuer – je nach Bundesland. Wenn du austrittst (z. B. beim Bürgeramt), entfällt dieser Abzug komplett.
Sozialabgaben
Neben den Steuern werden in Deutschland mehrere verpflichtende Sozialversicherungsbeiträge abgezogen: Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung und Krankenversicherung.
Die Sätze sind gesetzlich festgelegt und werden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geteilt.
Bei der Krankenversicherung liegt die größte Entscheidung für dein Netto – denn nur beim Thema Krankenversicherung kannst du als Arbeitnehmer abhängig von deinem Einkommen (und deinem Gesundheitszustand) aktiv zwischen GKV und PKV wählen.
Für 2026 wurden zwei wichtige Grenzen angehoben:
- Beitragsbemessungsgrenze (BBG) für Kranken- & Pflegeversicherung: 5.812,50 € pro Monat (69.750 € pro Jahr)
- Versicherungspflichtgrenze (Jahresarbeitsentgeltgrenze – JAEG): 6.450 € pro Monat (77.400 € pro Jahr)
Verdienst du mehr als diesen Betrag, kannst du von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in die private Krankenversicherung (PKV) wechseln.
Krankenversicherung: PKV vs. GKV
Gesetzliche Krankenversicherung (GKV)
Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung hängen von deinem Einkommen ab (bis zur BBG).
Jede Kasse erhebt einen eigenen Zusatzbeitrag.
Familienangehörige können häufig kostenlos mitversichert werden.
Dein Arbeitgeber zahlt die Hälfte des Beitrags für die Krankenversicherung
Private Krankenversicherung (PKV)
Beiträge hängen nicht vom Einkommen ab, sondern vom Eintritts-Alter, Gesundheitszustand bei Beginn und Tarifumfang.
Oft bessere Leistungen (z. B. Zahnersatz, weltweite Absicherung, schnellere Termine bei Fachärzten).
Dein Arbeitgeber zahlt einen Zuschuss von 50% – gedeckelt am auf den GKV-Höchstbeitrag.
Besonders für Gutverdiener und viele Expats finanziell interessant.
Wer kann sich zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung entscheiden?
Ob du als Angestellter oder Angestellte überhaupt wählen darfst, hängt von der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) ab. Diese liegt 2026 bei 77.400 € brutto pro Jahr Liegt dein regelmäßiges Jahresgehalt darüber, kannst du von der GKV zur PKV wechseln.
Für Selbstständige oder Beamte und Beamtinnen gilt die JAEG übrigens nicht – sie können unabhängig vom Einkommen in die PKV wechseln.
Eine Überprüfung deiner Situation lohnt sich also vor allem, wenn:
Dein Gehalt über der JAEG 2026 liegt (mehr als 77.400 € brutto/Jahr)
Du selbstständig, freiberuflich oder verbeamtet bist
Du umfassendere Leistungen möchtest (Zahnreinigung, Brillen/Kontaktlinsen, Vorsorge, weltweite Deckung)
Du Wert auf personalisierte Tarife und besseren Service legst
Behalte dabei im Kopf:
PKV-Beiträge sind abhängig Eintrittsalter – ein früher Einstieg ist und bleibt günstiger.
Vorerkrankungen können zu Risikozuschlägen führen.
Selbstständige müssen schwankende Einkommen bedenken.
Jedes Familienmitglied zahlt seinen eigenen PKV-Beitrag
Der Wechsel in die PKV sollte eine langfristige Entscheidung sein (Ein späterer Wechsel zurück in die GKV kann schwierig sein – abhängig von Alter, Einkommen und Beschäftigungsstatus.)
Beispielrechnung: Wie wirkt sich PKV auf dein Nettogehalt aus?
GKV-Szenario
(32-Jährige Person mit 80.000 € brutto Einkommen/Jahr)
Wenn du den maximalen Arbeitnehmeranteil in der GKV (ca. 648 €/Monat) zahlst, wird die PKV finanziell interessant – und bietet gleichzeitig bessere Leistungen (Zahn, Sehen, Komfort im Krankenhaus, weltweite Absicherung).
Für junge, gesunde Angestellte mit einem Gehalt über der JAEG (77.400 €), liegt im Wechsel in die PKV ein großes Sparpotential. Für ältere Personen, Personen mit erheblichen Vorerkrankungen oder Familien mit vielen beitragsfrei mitversicherten Kindern kann aber die GKV gegebenenfalls die finanziell attraktivere Variante sein.