Ist Küssen gesund? Zwischen Endorphinen und Bakterien
Rund 100.000 Küsse verteilt ein Mensch durchschnittlich in seinem Leben – und bekommt im besten Fall genauso viele wieder zurück. Doch ist das wirklich gut für uns? Ob Küssen gesund ist, warum wir küssen und wann wir es lieber lassen sollten, liest du hier.
Inhalt des Ratgebers
Wäre Küssen nicht so schön, könnte man sich schon einmal fragen: Wer hat sich das eigentlich ausgedacht? Warum wir Menschen uns gegenseitig mit Lippen und Zunge berühren möchten, beschäftigt die Wissenschaft schon sehr lange. Die Antwort darauf ist überraschend vielschichtig, denn das Küssen ist nicht nur ein angenehmer Zeitvertreib, sondern hat sowohl gesundheitliche Vorteile als auch evolutionäre Gründe.
Küssen und Hormone: Das passiert im Gehirn
Küssen macht glücklich – das liegt daran, dass das Küssen Hormone freisetzt, welche uns in eine Art Rauschzustand versetzen. Besonders beteiligt sind daran die Endorphine. Diese sogenannten Glückshormone sind verantwortlich für die sprichwörtliche Wolke sieben, auf der wir während des Kusses schweben. Zum Beispiel ist da das Hormon Oxytocin, das umgangssprachlich auch als Kuschelhormon bezeichnet wird. Im Körper reduziert es Stress und Angst und sorgt dafür, dass wir uns ganz entspannt unserer Partnerin oder unserem Partner widmen können. Auch die Ausschüttung von Serotonin und Adrenalin erhöht sich bei Zärtlichkeiten – ersteres wirkt entspannend und antidepressiv, letzteres vermindert zum Beispiel das Schmerzempfinden. Aus psychischer Sicht lässt sich also schon einmal eindeutig sagen, dass Küssen gesund ist!
Der Grund, warum wir heute so gerne miteinander kuscheln, ist ganz klar, dass beim Küssen Endorphine ausgeschüttet werden. Aber warum haben wir eigentlich damit angefangen? Das Ritual des gegenseitigen Liebkosens ist schon so alt, dass es wohl niemals eine eindeutige Antwort auf die Frage geben wird, warum wir küssen. Mögliche Erklärungen gibt es hingegen zur Genüge – und die meisten haben nichts damit zu tun, dass Küssen gesund ist! Diese Theorien haben Wissenschaftler:innen aufgestellt:
Sigmund Freud vermutete, dass das Bedürfnis zum Küssen schon von Geburt an in uns schlummert. Seiner Theorie zufolge verbinden wir als Babys das Saugen an der Brust der Mutter mit solch positiven Gefühlen, dass wir das Bedürfnis nie ganz ablegen. So sei das Küssen ein Ersatz für das Gestilltwerden.
Eine andere Theorie geht auf den Zoologen Desmond Morris zurück. Er bringt die Frage, warum wir küssen, ebenfalls mit der Nahrungszufuhr in Verbindung. So sollen in der Frühzeit Kinder von den Frauen sozusagen Mund zu Mund mit vorgekautem Essen gefüttert worden sein – ein Vorgang, der sich dann mit der Zeit auch ohne Nahrung zu einem Zeichen der Fürsorge und schließlich Liebe entwickelt hätte.
Eine dritte, weniger appetitliche These stellt Kulturwissenschaftlerin Ingelore Ebberfeld auf. Sie vermutet, dass das Küssen eine Weiterentwicklung des gegenseitigen Beschnüffelns am Hinterteil ist, welches aufgrund der Entwicklung zum aufrechten Gang nicht mehr praktikabel war. Tatsächlich können wir auch beim Küssen viele Informationen über die andere Person durch unseren Geruchssinn sammeln!
Küssen: Kulturelle Unterschiede und tierische Liebe
Küssen ist die Sprache der Liebe – und die wird überall unterschiedlich interpretiert! Rund um den Globus gibt es zahlreiche verschiedene Techniken und (un)geschriebene Regeln. Japaner:innen küssen sich zum Beispiel nur, wenn beide Partner:innen zum Sex einwilligen – geknutscht wird also nur beim Vorspiel. Genau wie in Japan ist auch in Indien das Küssen in der Öffentlichkeit deshalb tabu. Bei den neuseeländischen Ureinwohnern, den Maoris, wird hingegen nicht mit dem Mund, sondern mit den Nasen geküsst. Beim Aneinanderreiben soll dann kein Speichel, sondern Atemluft ausgetauscht werden, wodurch sich die Seelen berühren können. Besonders deutlich werden beim Küssen die kulturellen Unterschiede in Papua-Neuguinea: Hier knabbern sich Verliebte gegenseitig an den Wimpern.
Dass Küssen glücklich macht, haben übrigens nicht nur Menschen entdeckt: Es gibt auch zahlreiche Tierarten, die sich liebkosen. Bonobos und Schimpansen zum Beispiel küssen sich wie wir, um Zuneigung oder Versöhnung auszudrücken. Doch auch Lamas, Pferde oder Vögel zeigen ein ähnliches Verhalten, wenn sie sich sympathisch sind.
Ein intensiver Zungenkuss während eines romantischen Dates, der kurze Schmatzer bevor ihr euch beide zur Arbeit aufmacht oder der erste peinliche Kuss als Teenager:in: Alle haben gemeinsam, dass wir uns dabei fühlen, als würde sich die Welt gerade nur um uns drehen. Das Schöne daran: Während die meisten Dinge, die wirklich Spaß machen, uns meistens auch schaden, ist Küssen für die Gesundheit sogar förderlich.
Das liegt zum einen natürlich an dem Hormoncocktail, den unser Körper beim gemeinsamen Schmusen mixt. Dieser senkt nämlich den Stress (der ja bekanntlich die Volkskrankheit des Jahrhunderts sein soll) und macht uns entspannter und glücklicher – und das allein sollte eigentlich schon als Argument reichen, die Partnerin oder den Partner öfters mal zu knutschen.
Hier hören die Vorteile jedoch noch nicht auf, denn auch in anderer Hinsicht ist Küssen gesund. So soll es zum Beispiel den Blutdruck senken und sogar positive Auswirkungen auf die Herzgesundheit haben – dieses wird während des Vorgangs nämlich in positiven Stress versetzt und dadurch gestärkt.
Nicht zuletzt macht Küssen gesund, weil wir dabei eine Vielzahl an Bakterien austauschen. Klingt erst einmal nach einem Widerspruch, doch durch diese „Eindringlinge“ wird das Immunsystem aktiviert und auf Trab gehalten. Dadurch ist es besser für tatsächlich gefährliche Krankheitserreger gewappnet.
Du hast gerade keine:n Kusspartner:in an deiner Seite?
Küssen macht gesund, aber auch fit – ein bisschen zumindest. Rund 30 Gesichtsmuskeln werden dabei bewegt. Zudem verbrennt Küssen Kalorien: ein leidenschaftlicher Zungenkuss etwa 12 pro Minute.
Unsere Lippen sind äußerst sensibel und 20 Mal empfindlicher gegenüber Kälte und Hitze als zum Beispiel unsere Temperaturrezeptoren auf der Brust.
Dass Küssen die Gesundheit fördert, ist kein Geheimnis. Aber wusstest du auch, dass dabei so einige Nährstoffe ausgetauscht werden? Pro Kuss geben wir zum Beispiel 0,7 mg Eiweiß und 0,4 mg Salz weiter.
Beim Küssen nehmen wir unterbewusst zahlreiche Informationen über unsere:n Partner:in auf: Zum Beispiel über Pheromone, anhand derer wir etwa die Stärke des Immunsystems der Kusspartnerin oder des Kusspartners „erschnüffeln“ können.
Zwei Drittel aller Menschen dreht ihren Kopf beim Küssen instinktiv nach rechts.
Über das Küssen gibt es so viel zu forschen, dass eine eigene Wissenschaft dafür existiert: Die Kussforschung wird Philematologie genannt.
Wann ist Küssen gefährlich?
Innerhalb von 10 Sekunden werden bei einem leidenschaftlichen Kuss rund 80 Millionen Bakterien übertragen. Wenn du bei der Zahl erst einmal schlucken musst, dann sei beruhigt: In den meisten Fällen ist das sogar gut für das Immunsystem. Dennoch gibt es Situationen, in denen Küssen ungesund ist. Denn während das gemeinsame Schmusen und Liebkosen unter gewöhnlichen Umständen nur zu empfehlen ist, kann das Küssen der Gesundheit in bestimmten Situationen auch schaden.
Das größte Risiko, das von dem Austausch von Speichel ausgeht, ist die Übertragung von Krankheitserregern. So kannst du dich beim Küssen mit dem pfeifferschen Drüsenfieber, mit Herpes oder mit Grippe- und Erkältungsviren anstecken. Kommst du dabei also einer erkrankten Person zu nahe, ist Küssen ungesund. Daneben können viele Infektionskrankheiten durch das Küssen übertragen werden, gegen welche die meisten Menschen in Deutschland jedoch geimpft oder als bereits als Kind durch eine Erkrankung immun geworden sind – ist das bei dir der Fall, musst du dir hierüber also keine Sorgen machen. Dazu gehören zum Beispiel Meningokokken, aber auch Masern, Mumps, Röteln, Windpocken und Diphterie.
Laut des Stada Health Reports 2020 wissen nur 29 % der Deutschen, dass beim Küssen auch Geschlechtskrankheiten übertragen werden können. So kann zum Beispiel Syphilis oder Gonorrhoe (auch als Tripper bezeichnet) durch das Küssen übertragen werden. In der Praxis passiert das aber deutlich seltener als durch Geschlechtsverkehr.
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Nicht zuletzt sollten Allergiker:innen beim Küssen Vorsicht walten lassen: Hat die andere Person zuvor das auslösende Lebensmittel konsumiert, reicht oft schon der Speichelaustausch, um eine allergische Reaktion hervorzurufen.
Dass Küssen gefährlich ist, lässt sich trotz der Risiken per se nicht bestätigen, da die Infektionen mit gefährlichen Krankheiten vergleichsweise gering sind.
Küssen ist gesund, weil es uns entspannt und glücklich macht. Wenn du nach zusätzlichen Wegen suchst, um deinen Körper ins Gleichgewicht zu bringen, wirst du hier fündig:
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