Digitale Gesundheit: Deutschland wacht auf
Deutschland befand sich lange im Dornröschenschlaf, was die Digitalisierung betrifft. Corona hat etwas Bewegung ins Spiel gebracht: Immer mehr Deutsche wünschen sich digitale Gesundheitsangebote. Kommt der Staat hinterher? Wird Gesundheit endlich digitaler?
Was ist „digitale Gesundheit“?
Laut WHO bezeichnet „digitale Gesundheit“ einen breiten Themenkomplex, zu dem zum Beispiel digitale Medizinprodukte und Apps gehören, die sowohl die Gesundheit der Patienten als auch die Gesundheitssysteme stärken sollen. Der ganze Themenkomplex gewinnt zunehmend an Bedeutung und rückt durch die Pandemie immer stärker in den Blickpunkt.
Seit 2020 setzen immer mehr Deutsche auf Digital Health
Während sich draußen die Viren tummeln, bleibt Deutschland zu Hause. Und nutzt dort verstärkt digitale Gesundheitsangebote, um trotz Homeoffice und geschlossener Fitness-Studios gesund zu bleiben. Auch das Virus wird zunehmend digital bekämpft.
- Über 24 Millionen Deutsche haben die Corona-Warn-App
Mehr als 24 Millionen Deutsche waren laut RKI bereit, die App der Bundesregierung herunterzuladen und damit zur Pandemie-Bekämpfung beizutragen. Zwar stehen einige Tracing-Apps generell sehr kritisch gegenüber und es gibt auch berechtigte Kritikpunkte an der App wie etwa die fehlende Vernetzungsmöglichkeit mit anderen europäischen Tracing Apps. Laut RKI ist die App jedoch ein sinnvoller Baustein von vielen, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern.
- Video-Sprechstunden haben sich verdreifacht
Jeder achte Deutsche hat letztes Jahr eine Video-Sprechstunde besucht, sei es bei einem Arzt oder bei einem Therapeuten. Der Wert hat sich im Vergleich zum Vorjahr fast verdreifacht! Kein Wunder: Während des ersten Lockdowns hatten Arztpraxen geschlossen. Auch danach war es sicher einigen Deutschen ganz recht, nicht in einem vollen Wartezimmer neben potentiell Infizierten Platz nehmen zu müssen. Gleichzeitig entfällt durch die Video-Sprechstunde die Anfahrt und damit die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs, der ebenfalls mit vielen Kontakten verbunden ist und Infektionspotential birgt.
- 4 % nutzen vom Arzt verschriebene Health-Apps
Seit Oktober 2020 dürfen Ärzte Gesundheits-Apps verordnen. Rund 4 Prozent der Internet-Nutzer haben entsprechende Anwendungen bereits ausprobiert. Wenn du dir auch gerne Gesundheits-App verschreiben lassen möchtest, kannst du deinen Arzt beim nächsten Termin einfach darauf ansprechen. Verfügbare Anwendungen listet das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf.
- 30 % höhere Download-Zahlen frei verfügbarer Gesundheits-App
Viele Deutsche warten nicht, bis ihr Arzt ihnen eine App verschreibt, sondern suchen sich ihre digitalen Helfer selbst. Tatsächlich ist die Nutzung entsprechender Dienste 2020 deutschlandweit um 30 Prozent gestiegen – aktuell haben 75 Prozent der Smartphone-Nutzer mindestens eine Fitness- oder Gesundheits-App installiert. Im weltweiten Vergleich bildet Deutschland jedoch eher das Schlusslicht: In Spanien stieg die Zahl der heruntergeladenen Health-Apps um 65 %, in Indien sogar um 90 Prozent!
Diese zahlen zeigen, dass Deutschland immer digitaler wird. Doch das ist erst der Anfang.
Deutschland wünscht sich mehr digitale Gesundheitsangebote!
Zwei Umfragen der Bitkom zeigen, dass sich ein Großteil der Bevölkerung einen Digitalisierungsschub in Sachen Gesundheit wünscht.
Und zwar so:
- 65 % wünschen sich mehr Tempo beim Ausbau der E-Health-Angebote.
- 45 % derjenigen, die noch keine Video-Sprechstunde besucht haben, können es sich vorstellen, das Angebot auszuprobieren.
- 73 % würden die elektronische Patientenakte nutzen.
- 66 % können sich eine Nutzung des E-Rezepts vorstellen.
- 44 % würden die Zweitmeinung einer künstlichen Intelligenz einholen.
Die Deutschen sind also bereit für mehr E-Health. Doch ist es der Staat auch?
Digital Health Index: Deutschland ist Schlusslicht
Rund 60 Prozent der Deutschen denken, dass ihr Land im internationalen Vergleich zurückliegt, was Digital Health geht. Dass sie damit recht haben könnten, zeigt ein Blick auf die Datenlage: Laut Digital-Health-Index belegt Deutschland Platz 16 von 17 untersuchten Ländern. Nur Polen steht noch schlechter da.
Während man in Deutschlands Gesundheitsämtern und Krankenhäusern noch Faxe verschickt, setzt beispielsweise Israel bereits künstliche Intelligenz zur Krebsfrüherkennung ein. Die Spitzenreiter Estland, Kanada und Dänemark verfolgen eine effektive Strategie zur Digitalisierung des jeweiligen Gesundheitswesens. Die politische Führung treibt diese Entwicklungen voran und eine nationale Koordinationsstelle setzt sie um. Deshalb gibt es in diesen Ländern längst eine digitale Patientenakte und Fernbehandlungen sind mancherorts selbstverständlich.
Wie kann das sein im selbsternannten Land der Denker, das immerhin über eine lebendige Start-up-Szene und viel technisches Know-how verfügt? Die Antwort des Politikwissenschaftlers Dr. Kostera von der Bertelsmann Stiftung: „Die Politik hat in der Vergangenheit die Verantwortung für die digitale Transformation an die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen delegiert. Hier haben sich die Akteure lange Zeit gegenseitig blockiert. Es ist noch nicht gelungen, alle Verantwortlichen hinter einem gemeinsamen Ziel zu versammeln." Ob das Innovationsforum „Digitale Gesundheit 2025“ daran etwas ändern kann, das Experten aus dem Gesundheitswesen Raum für Diskussionen bietet?
Gesundheitsämter nutzen Faxe statt Software
Was Deutschland bislang versäumt hat, zeigt sich auch in den Gesundheitsämtern: Bis Ende 2020 hätten sie digitalisiert werden sollen. Doch die Mitarbeiter schicken immer noch Faxe, um die Daten dann händisch in Excel-Tabellen zu übertragen. Eine effiziente Kontaktverfolgung, die Covid-19 wirkungsvoll eindämmen kann, sieht anders aus.
Das Kuriose: Die Gesundheitsämter haben bereits Zugriff auf eine Software, die in Deutschland entwickelt wurde und seit vielen Jahren zur Seuchenbekämpfung in Nigeria und Ghana eingesetzt wird. Nur leider nutzen lediglich 132 von 400 kommunalen Gesundheitsämtern diese Möglichkeit. Zum Glück nimmt die Digitalisierung in anderen Bereichen an Fahrt auf.
Digital Health: Was 2021 auf dem Programm steht
Am 01. Januar 2021 ist endlich die digitale Patientenakte eingeführt worden. Leider heißt das nicht, dass sie ab sofort genutzt werden kann. Denn zunächst testen 200 ausgewählte Ärzte, ob alles reibungslos funktioniert. Ab Mitte 2021 soll die elektronische Patientenakte für gesetzlich Versicherte in ganz Deutschland mit den ersten Funktionen einsatzbereit sein. Privat Versicherte können ab 2022 Zugang erhalten. Allerdings entspricht die geplante E-Patientenakte im Moment noch nicht der Convenience, die ottonova Kunden möchten und von ihrer übersichtlichen Timeline in der App gewohnt sind.
Außerdem wird Mitte des Jahres das Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege in Kraft treten. Apps sollen Pflegebedürftigen helfen, ihre Gesundheit durch Übungen und Trainings zu verbessern. Auch die Telemedizin wird 2021 vorangetrieben: Es sollen mehr Video-Sprechstunden stattfinden. Das E-Rezept wird erst 2022 kommen: Du kannst es per Smartphone bei einer Apotheke deiner Wahl einlösen, um dein Medikament zu erhalten.
Fazit: Die medizinische Versorgung wird immer digitaler. Doch während die Bürger längst bereit für den digitalen Wandel sind, zieht sich die Implementierung in die Länge. Deutschland bummelt, doch Veränderungen werden langsam sichtbar.
Wir von ottonova finden: Etwas mehr Geschwindigkeit wäre wünschenswert, schließlich bergen digitale Dienstleistungen so viele Chancen!
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Jeannette Stowasser
Jeannette ist Online-Redakteurin für Gesundheit und schreibt seit 2011 Artikel, E-Books und Whitepaper zu den verschiedensten medizinischen Themen.