Pflege von Angehörigen: Wer kümmert sich einmal um meine Eltern?

Über die Pflege von Angehörigen sollte man sich lieber früher als später Gedanken machen. Sollen wirklich einmal Fremde die eigenen Eltern pflegen? Und wie hoch sind die Pflegekosten? Wir bringen Licht in dieses schwierige Thema.

Es beginnt mit kleinen Dingen: Die Mutter fällt wegen eines Hexenschusses bei der Arbeit aus. Der Vater schafft sich eine Lesebrille an. Die Mutter beginnt darüber zu reden, was sie für ihre Rente alles geplant hat. Der Vater achtet bei der Renovierung des Bades darauf, dass die Dusche barrierefrei ist.


Das Alter kommt nicht von heute auf morgen, sondern schleichend. Auch wenn die Kinder diese Tatsache gerne verdrängen, werden die Eltern eventuell früher oder später auf ihre Unterstützung angewiesen sein. So sehr du auch helfen und dich revanchieren möchtest, die eigenen Pläne erlauben meist viel weniger als das, was du dir vorgenommen hast. Schließlich bist du gerade dabei, deine eigene Familie aufzubauen, wohnst in einer anderen Stadt und hast den nächsten Karriereschritt im Visier. Wie sollst du da noch deine Eltern pflegen?

Pflege von Angehörigen – Fakten & Zahlen

Deutschland wird älter – und damit steigt auch die Zahl der pflegebedürftigen Eltern. In Deutschland gibt es circa 3,4 Mio. Pflegebedürftige (Stand 2017).

Drei Viertel aller Pflegefälle werden zu Hause betreut, davon werden 1,8 Mio. von Angehörigen versorgt. „Nur“ ca. 0,83 Millionen sind vollstationär in Pflegeheimen untergebracht. 

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Hinter jedem dieser 1,8 Mio. Pflegebedürftigen, die das Glück haben, von ihren Familienmitgliedern umsorgt zu werden, stehen Menschen, die einen Kompromiss eingegangen sind. Sie haben vielleicht ihre Arbeitszeit reduziert und vernachlässigen ihre Hobbys, damit sie ihre Eltern pflegen können. Vielleicht sind sie auch wieder zu Hause eingezogen und verzichten auf die nächste Reise, um bei ihren pflegebedürftigen Eltern zu bleiben

Pflege Eltern

Eltern pflegen lassen: Pflegeheim oder Pflegekraft?

Nicht jeder ist bereit, einen solch großen Kompromiss einzugehen. Die häusliche Pflege kann, je nach Pflegestufe, ein Vollzeitjob sein. Das schadet der Karriere maßgeblich und kann dazu führen, dass man nicht in den Job zurückfindet. Deshalb entscheiden sich viele dafür, die Pflege von Angehörigen professionellen Dienstleistern zu überlassen. Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Du stellst eine Pflegekraft, die sich um die Eltern kümmert, oder du entscheidest dich für die Unterbringung in einem Pflegeheim.

Es ist nie zu früh, mit seinen Eltern über dieses Thema zu sprechen. Wahrscheinlich haben sie eine eigene Vorstellung davon, wie sie gerne im Alter leben möchten und auch selbst schon vorgesorgt. Du solltest keine Angst davor haben, sie danach zu fragen und gemeinsam nach Möglichkeiten und Kompromissen zu suchen. So bist du gut vorbereitet und kannst nicht nur deine eigene Zukunft, sondern auch die deiner Eltern besser planen.


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Möglichkeit 1: Private Pflegekraft

Eine sehr gute Möglichkeit, seine Eltern im Alter zu versorgen, wenn du selbst nicht dazu in der Lage bist, ist, eine Pflegekraft einzustellen. Diese kann entweder privat oder über eine Agentur gebucht werden. Die meisten privaten Pflegekräfte kommen aus Osteuropa und kümmern sich um den Haushalt, Körperpflege, Einkäufe und Unterhaltung. Sie wohnen in der Regel mit im Haus, was die Pflege rund um die Uhr ermöglicht. Das ist für pflegebedürftige Eltern oft eine sehr angenehme Lösung, da sie auf diese Weise zu Hause in ihrer vertrauten Umgebung bleiben können. Doch diese Möglichkeit bringt nicht nur Vorteile mit sich:

  • Die Eltern können in ihrem Zuhause bleiben
  • Die Pflegekraft hat sehr viel Zeit für den Pflegefall – die Betreuung ist persönlicher und individueller
  • Oftmals ist Pflegepersonal aus dem Ausland nicht teurer als ein Pflegeheim
  • Gerade alte Menschen fühlen sich oft nicht wohl mit einer fremden Person im Haus
  • Bei Pflegern aus dem Ausland können sprachliche Schwierigkeiten aufkommen
  • Viele Formalitäten müssen berücksichtigt werden. Es muss zum Beispiel ein eigenes Zimmer zur Verfügung stehen.
  • Pflegekräfte sind in der Regel kein medizinisch ausgebildetes Fachpersonal. In den meisten Fällen wird also zusätzlich ein Pflegedienst benötigt.

Eine ausländische Pflegekraft kostet je nach Qualifikation und Deutschkenntnissen zwischen 1500€ und 2500€ im Monat. Verglichen mit einem Pflegeheim ist das gar nicht so teuer. Außerdem gibt es die Möglichkeit, häusliche Pflege über das Pflegegeld oder Pflegesachleistungen zu finanzieren. Wie viel Geld man bekommt, hängt dabei von der Pflegestufe ab.

Muss ich die Pflegekosten der Eltern zahlen?

Elternunterhalt ist ein wichtiges Thema – die Pflegekosten für Angehörige sind oft hoch und viele junge Menschen fürchten, dass die Pflegekosten der Eltern sie in den Ruin treiben könnten. Damit das nicht passiert, hat der Gesetzgeber vorgesorgt. Im Rahmen des Angehörigen-Entlastungsgesetzes wurde die Grenze für den Elternunterhalt 2020 weiter nach oben gesetzt als noch zuvor. 100.000 € ist nun die Einkommensgrenze für den neuen Elternunterhalt in 2020.

Nur wer mehr verdient, muss den Elternunterhalt zahlen – doch auch nur dann, wenn die Eltern selbst keine Rücklagen mehr haben. Auch für Gutverdiener existieren noch Elternunterhalt-Freibeträge. Dieser Selbstbehalt berechnet sich z.B. aus Miete, Versicherungen sowie einem Anteil von 45% des bereinigten Nettoeinkommens - also dem, was nach den Abzügen von Miete und Co. noch bleibt. Der Rest müsste dann für die Pflegeheimkosten der Angehörigen zur Verfügung stehen.

Pflege Senioren

Möglichkeit 2: Das Pflegeheim

„Ich möchte niemals in ein Altenheim“, haben die meisten Kinder ihre Eltern schon sagen hören. Manchmal gibt es jedoch keine andere Alternative. Nicht jeder kann seine Eltern betreuen und auch eine Pflegekraft ist oft keine Option – etwa, weil der Vater oder die Mutter keine fremde Person im Haus haben möchte, weil kein freies Zimmer vorhanden ist oder weil der Gesundheitszustand so schlecht ist, dass eine qualifiziertere medizinische Betreuung nötig ist. In diesem Fall bleibt nur noch die Option Pflegeheim.

Die Pflegeheimkosten für Angehörige sollten nicht unterschätzt werden: Sie belaufen sich gerne einmal auf über 3000 € pro Monat. Davon kann man die Erstattung durch die Pflegekasse abziehen. Die Höhe der Erstattung hängt vom Pflegegrad ab und liegt beispelsweise für die Pflegestufe 1 bei 125 € Entlastungsbetrag und bei 2.005€ Leistungsbetrag für die Pflegestufe 5.

Pflegezeit & Job – deine Rechte?

Die Pflegekosten für Angehörige beschränken sich nicht nur auf das Finanzielle – auch ein hoher Zeitaufwand muss eingerechnet werden, wenn du dich entschließt, deine Eltern selbst zu pflegen. Dazu kommen Gehaltseinbußen, welche, je nach Dauer der Pflegezeit, sehr hoch ausfallen können. Wer sich trotzdem dazu entschließt, die Pflege der Eltern selbst zu übernehmen, hat gesetzliche Möglichkeiten zur Freistellung vom Beruf oder Teilzeitarbeit für eine begrenzte Zeitdauer. In dieser Pflegezeit bist du vor der Kündigung geschützt, trotzdem muss du aber mit beruflichen Nachteilen rechnen. Das hängt immer individuell vom Arbeitgeber ab. Ein offenes Gespräch ist der beste Weg, um eine Lösung zu finden und den Wiedereinstieg so problemlos wie möglich zu gestalten.

Diese Möglichkeiten bieten sich dir, um dich trotz Karriere um einen Pflegefall in der Familie zu kümmern:

1. Kurzzeitige Arbeitsverhinderung

Hierbei handelt es sich um eine Freistellung für höchstens 10 Arbeitstage. Diese Zeit kann für einen akuten Pflegefall genutzt werden oder auch für die Organisation: der Suche nach einer Pflegekraft oder einem Pflegeheim oder der Beantragung von Pflegegeld. Je nach Arbeitsvertrag wird in dieser Zeit das Gehalt weiterhin gezahlt. Wer nichts bekommt, der kann ein Pflegeunterstützungsgeld beantragen. Dieses beträgt in der Regel 90 Prozent des Nettoeinkommens, wobei eine Beitragsbemessungsgrenze existiert.

2. Die Pflegezeit

Möchtest du selbst deine Eltern betreuen, so kannst du in die sogenannte Pflegezeit gehen. Diese kann für maximal 6 Monate beantragt werden und ist in Teilzeit oder Vollzeit möglich. Hier wird das Gehalt in der Regel nicht weiter ausgezahlt, jedoch ist es möglich, ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben in Anspruch zu nehmen. Oftmals wird der Pflegende auch vom Pflegegeld des Angehörigen bezahlt. 

3. Die Familienpflegezeit

Bei der Familienpflegezeit handelt es sich um ein Modell, bei dem man im Gegensatz zur Pflegezeit nicht vollständig, sondern nur teilweise freigestellt wird. Anstatt für 6 Monate kann diese jedoch für bis zu 24 Monate beantragt und in Ausnahmefällen verlängert werden. Neben der Pflege musst du mindestens 15 Stunden pro Woche arbeiten. Auch hier gibt es außer dem zinslosen Darlehen wenig Möglichkeit auf finanzielle Entlastung.

4. Begleitung in der letzten Lebensphase

Die letzte Möglichkeit für eine Freistellung ist die Begleitung in der letzten Lebensphase. Diese Zeit von maximal 3 Monaten, in denen gar nicht oder nur Teilzeit gearbeitet wird, gibt dir die Möglichkeit, Abschied zu nehmen. Dabei muss der Angehörige nicht zu Hause gepflegt werden, sondern kann sich auch in einem Pflegeheim oder Krankenhaus befinden. Auch hierfür kannst du ein Darlehen beantragen. Du solltest auch beachten, dass für einen Anspruch auf die Freistellungen dein Arbeitgeber eine bestimmte Größe haben muss. Familienpflegezeit ist ab 26, die Pflegezeit ab 16 Beschäftigten möglich.

Egal, ob du dich dafür entscheidest, deine Eltern selbst zu pflegen oder sie in professionelle Hände zu geben – am Ende zählt, dass du dir überhaupt erst einmal Gedanken zu diesem Thema machst und du gemeinsam mit deinen Eltern nach einer Lösung suchst, mit der alle Beteiligten glücklich sind.

Dir liegt es am Herzen, für die Zukunft vorzusorgen? 

Sina Weidner
HIER SCHREIBT Sina Weidner

Sina ist Unternehmenssprecherin von ottonova. Sie beschäftigt sich seit vielen Jahren mit digitalen Innovationen und wie sie unser Leben und unsere Gesundheit beeinflussen.

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