Wie gesund ist Deutschland?

Deutschland gibt pro Person mehr für Gesundheit aus als alle anderen europäischen Länder. Aber bedeutet das auch, dass die Deutschen am gesündesten sind und am längsten leben? Nein. In unserem Gesundheitsranking belegt Deutschland Platz 18 von 31. Wovon hängt Gesundheit also ab?

Inhaltsverzeichnis:

Wie hoch sind die Gesundheitsausgaben der europäischen Länder?

Deutschlands jährliche Gesundheitsausgaben liegen mit 11,7 Prozent des Bruttoinlandprodukts auf dem höchsten Niveau aller EU-Mitgliedstaaten (Durchschnitt 9,9 Prozent). Pro Kopf sind dies in Deutschland 4.505 Euro.

Selbstzahlungen machen dabei 12,7 Prozent der Gesundheitsausgaben in Deutschland aus, was weniger als der EU-Durchschnitt von 15,4 Prozent ist.

Deshalb bietet Deutschland generell einen umfassenden Katalog und ein hohes Niveau an Gesundheitsleistungen, sowie einen guten Zugang zur Gesundheitsversorgung.

Pro-Kopf-Ausgaben stationäre Behandlung

Pro-Kopf-Ausgaben ambulante Behandlung

Pro-Kopf-Ausgaben Medikamente

Doch bedeutet dies auch, dass die Deutschen am gesündesten sind? Unser Gesundheitsranking sagt: Nein!

Gesundheitsranking Europa: Wer ist am gesündesten?

Deutschland belegt nur Platz 18 in europäischen Ranking. Auf Platz 1 landet die skandinavische Nation Norwegen. Generell liegen die Skandinavier weit vorne im Gesundheitsranking mit Schweden auf Platz 2, Island auf Platz 4 und Finnland auf Platz 6. Diesen Platz teil es sich mit Frankreich. Unser direkter Nachbar Schweiz belegt den dritten Platz.

Am Ende der Liste stehen vor allem die osteuropäischen Länder. Auf dem vorletzten Platz Kroatien gefolgt von Ungarn auf dem letzten Rang. 

Methodik

31 europäische Länder wurden anhand verschiedener Gesundheitskriterien miteinander verglichen. Je Kategorie wurden 1 bis 31 Punkte vergeben:

  • Lebenserwartung
  • Gesunde Lebensjahre
  • Krebsfälle
  • Diabetes
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Atemwegserkrankungen
  • Vermeidbare & behandelbare Todesursachen
  • Adipositas & Übergewicht
  • Alkoholkonsum & Alkoholtote
  • Raucher:innen
  • Sportliche Aktivität

Als Datengrundlage dienten Daten der europäischen Datenbank Eurostat, von Our World in Data, der OECD und der WHO.

Wie hoch ist die Lebenserwartung in Deutschland?

Die Lebenserwartung in Deutschland liegt mit 81,1 Jahren zwar etwas über dem EU-Durchschnitt mit 80,9 Jahren, allerdings ist sie niedriger als in den meisten anderen west- und mitteleuropäischen Ländern. 4,7 Jahre älter als Männer werden Frauen in Deutschland im Schnitt. Im EU-Durchschnitt sind es 5,2 Jahre. Im Jahr 2020 ging die Lebenserwartung durch die Covid-19-Pandemie um 2,5 Monate zurück, 8,5 Monate waren es im EU-Durchschnitt.

Spanien hat mit 83,4 Jahren die höchste Lebenserwartung unter den EU-Staaten, gefolgt von Italien mit 83,1 und Frankreich mit 82,7 Jahren. Schlusslichter bilden Rumänien, Lettland und Bulgarien.

Bei den gesunden Lebensjahren liegt der EU-Durchschnitt bei 64 Jahren. In Deutschland sind es 65,7 Jahre, in Schweden sogar 72,7 Jahre gefolgt von Malta mit 70,5 Jahren. Schlusslichter bilden die Slowakei (56,7 Jahre) und Lettland (53,4 Jahre).

Welche Krankheiten haben die Deutschen?

Häufigste Todesursachen

Mithilfe von Eurostat haben wir die häufigsten Todesursachen der Deutschen und im europäischen Durchschnitt errechnet.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen:

Krebs:

Atemwegserkrankungen:

Diabetes:

1. Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Auch wenn die Lebenserwartung der Deutschen langsamer gestiegen ist als die anderer EU-Staatsbürger:innen, so verzeichnet Deutschland dennoch einen Rückgang der vorzeitigen Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Trotzdem verursachen Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkte und Schlaganfälle (35 %) noch immer die meisten Todesfälle, was in etwa dem EU-Durchschnitt entspricht. In Dänemark sind es nur 21,5 Prozent, in Frankreich 22,6 Prozent. Rumänien (55,9 %) und Bulgarien (64,5 %) führen die Liste der meisten Toten durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen an.

2. Krebs

Generell ist die Belastung durch Krebs in Deutschland beträchtlich. 2020 gab es 540.000 neue Krebsfälle und ca. 250.000 krebsbedingte Todesfälle. 24,7 % der Todesfälle gehen in Deutschland auf Krebs zurück. (Der EU-Durchschnitt liegt bei 25,1 %. Die Krebsinzidenz lag bei Männern unter dem EU-Durchschnitt und bei Frauen über dem EU-Durchschnitt.) 

In Bulgarien sind es 16,8 Prozent, in Rumänien 19,2 Prozent. Am meisten prozentuale Krebstote verzeichnen Dänemark (29,9 %), Slowenien (30,5 %) und Irland (30,9 %).

Mit 20 Prozent ist Lungenkrebs die häufigste Krebsart. Die Häufigkeit ist bei Männern zurückgegangen, bei Frauen allerdings gestiegen. Das lässt sich auf die Rauchgewohnheiten der beiden Geschlechter zurückführen.

Bei Männern ist Prostatakrebs mit 23 % die häufigste Krebsart, bei Frauen ist es mit 28 % Brustkrebs. Doch nur jede zweite Frau zwischen 50 und 69 einer Brustkrebsfrüherkennung, der EU-Durchschnitt liegt hier bei 57,4 Prozent.

Fünf-Jahres-Überlebensrate Krebs:

Die Fünf-Jahres-Überlebensrate liegt in Deutschland aber bei allen Krebsarten über dem europäischen Durchschnitt.

Lungenkrebs
Prostatakrebs
Darmkrebs
Brustkrebs
Gebärmutterhalskrebs

Atemwegserkrankungen

Im Jahr 2020 meldete Deutschland außerdem mehr als 34.500 Todesfälle aufgrund von Covid-19, was schätzungsweise 3,5 Prozent aller Todesfälle entspricht. Zwischen Januar 2020 und Ende August 2021 wurden mehr als 92.000 COVID-19-Todesfälle verzeichnet.

Übersterblichkeit durch COVID-19:

Die Corona-Pandemie zu einer deutlichen Übersterblichkeit von 5 Prozent in Deutschland geführt. Betrachtet man das Pandemiejahr von März 2020 bis Februar 2021 dann betrug die Übersterblichkeit sogar 7,5 Prozent.

„Die Covid-19-Todesfälle führten in allen vier Corona-Wellen zu einer Übersterblichkeit in Deutschland. Der Anstieg der Sterbefallzahlen ist nicht allein durch die Alterung der Bevölkerung erklärbar“, heißt es aus dem Statistischen Bundesamt.

Die häufigsten Vorerkrankungen der Verstorbenen waren Herz-Kreislaufkrankheiten, aber auch Niereninsuffizienz und Diabetes mellitus.

Im November 2021 lag die Übersterblichkeit laut Destatis mit 92.295 verstorbenen Menschen sogar 20 Prozent über dem mittleren Wert der Vorjahre.

Quelle: Destatis

7,1 Prozent der Todesfälle in Deutschland lassen sich im Allgemeinen auf Atemwegserkrankungen zurückführen. Im Eu-Durchschnitt sind es 7,9 Prozent. Auf Platz 1 dieser Rangliste liegt Lettland mit nur 2,1 Prozent gefolgt von Litauen 3,1 Prozent. Die letzten beiden Plätze belegen Irland (12,7 %) und Großbritannien (14,0 %).

Anstieg der Arzt-Video-Calls

Seit Beginn der Pandemie hat die Zahl der Fernkonsultationen (online oder telefonisch) in allen EU-Ländern zugenommen. Die Zahl der Telekonsultationen ist zum Beispiel in Deutschland in den ersten Monaten der Pandemie von 1.700 im Januar und Februar 2020 auf 19.500 im April angestiegen.

Umfrage-Daten zeigen, dass der Anteil der EU-Bürger:innen, die seit Beginn der Pandemie eine Fernkonsultation bei einem Allgemeinmediziner hatten, von 28,7 % im Juni/Juli 2020 auf fast 38,6 % im Februar/März 2021 gestiegen ist.

Die gemeldete Rate in Bulgarien, Finnland, Ungarn, Irland und Lettland um mehr als 50 Prozent. Die höchste Akzeptanz wurde in Spanien verzeichnet, wo 72 Prozent der Bevölkerung angaben, bis Februar/März 2021 eine Fernberatung in Anspruch genommen zu haben. In Deutschland waren allerdings nur etwa 22 Prozent der Bevölkerung, ein Anstieg um etwa 21 Prozent.

Quelle: Eurofound 2021

Bekommen die Deutschen die medizinische Versorgung, die sie benötigen?

Nur 0,3 Prozent der Bevölkerung gaben an, auf erforderliche Versorgung verzichtet zu haben. Bei zahnärztlicher Versorgung waren es 0,4 Prozent. 0,7 Prozent der Deutschen im untersten Einkommensquintil meldeten einen ungedeckten medizinischen Bedarf, bei Menschen mit mittleren und hohem Einkommen waren es 0 Prozent.

Der Anteil der Personen, die einen auf finanziellen Gründen zurückführenden ungedeckten Bedarf an verschriebenen Arzneimitteln melden ist gering liegt bei 3,7 Prozent. Der EU-Durchschnitt liegt hier bei 6,2 Prozent.

Wie viele Todesfälle ließen sich durch Behandlung und Prävention verhindern?

Etwa drei von fünf Deutschen sind im späteren Leben von chronischen Erkrankungen betroffen. Durch gezieltere Präventionsmaßnahmen ließen sich jedoch einige Todesursachen vermeiden oder besser behandeln.

In Deutschland ließen sich rund 231 Todesfälle pro 100.000 Einwohner durch Prävention und eine (frühzeitigere) Behandlung vermeiden. In der Schweiz sind dies nur 153 und in Island 162.

Ungarn und Lettland könnten 485 Tote vermeiden und Rumänien sogar 506. Im Europa-Durchschnitt könnten 243 Todesfälle durch Prävention und Behandlung verhindert werden.

Vermeidbare Todesursachen

pro 100.000 Menschen

Behandelbare Todesursachen

pro 100.000 Menschen

Wie tragen Ernährung, Alkohol- und Tabakkonsum zur Sterblichkeit bei?

Generell tragen verhaltensbedingte Risikofaktoren, insbesondere ungesunde Ernährung, Rauchen und Alkoholkonsum wesentlich zu Erkrankungen und Sterblichkeit in Deutschland bei.

Ähnlich wie im EU-Durchschnitt sind etwa vier von zehn Todesfällen in Deutschland auf verhaltensbedingte Risikofaktoren wie Ernährungsrisiken, Rauchen, Alkoholkonsum und geringe körperliche Aktivität zurückzuführen.

Grafik Verhaltensbedingte Gesundheitsrisiken

1. Rauchen

28,4 Prozent der Deutschen rauchen täglich oder gelegentlich. Nur in Griechenland (28,6 %) und in Bulgarien (36,2 %) rauchen mehr Menschen.

In Schweden greifen nur 12,6 Prozent zum Glimmstängel, in Island rauchen 13,6 Prozent der Menschen. Der europäische Durchschnitt liegt bei 24,2 Prozent.

Trotzdem hat Bulgarien mit 3,2 Prozent die niedrigste Lungenkrebsrate in Europa, gefolgt von Litauen und Lettland mit 3,3 Prozent. Die meisten Lungenkrebstoten verzeichnen die Niederlande (6,8 %) und Dänemark (6,6 %).

Zwar rauchen in Deutschland noch immer mehr Männer als Frauen und die Raucherrate ist im Allgemeinen in den letzten 10 Jahren gefallen, allerdings haben sich die Raucherquoten von Frauen und Männern eher angeglichen. Der Raucheranteil unter Mädchen ist sogar um 2 Prozent höher als bei Jungen.

2. Alkohol

In Deutschland praktizieren 33 Prozent der Erwachsenen regelmäßiges Rauschtrinken, was deutlich über dem EU-Durchschnitt mit 20 Prozent liegt. 7,5 Prozent (vs. EU. 8,4 %) trinken täglich, 32,2 Prozent (vs. EU: 28,8 %) wöchentlich und 25,9 Prozent (vs. EU: 22,8 %) mindestens einmal im Monat.

Den höchsten Anteil an täglich Trinkenden haben Portugal (20,7 %) und Spanien (13 %) sowie Italien (12 %). In Litauen sind es nur 0,8 Prozent der Menschen und 1 Prozent der Isländer und Isländerinnen genehmigen sich täglich ein alkoholisches Getränk.

5,5 Tote pro 100.00 Einwohner lassen sich in Deutschland auf Alkoholmissbrauch zurückführen. Das liegt über dem EU-Durchschnitt mit 3,57 Alkoholtoten.

Die wenigsten Alkoholtoten verzeichnen Griechenland (0,35) und Italien (0,39), obwohl viele Italiener sich gerne jeden Tag ein Gläschen Wein genehmigen. In Polen mit 10,05 und Slowenien mit 17,33 ist diese Zahl am höchsten.

3. Ernährung

Etwa 19 Prozent aller Deutschen sind fettleibig (EU-Durchschnitt 16,5 %) und 53,5 Prozent übergewichtig (EU-Durchschnitt: 52,7 %).

In der Schweiz sind nur 11 Prozent der Bevölkerung adipös und 42 Prozent übergewichtig gefolgt von Italien mit 11,7 Prozent adipösen und 45,7 Prozent übergewichtigen Menschen. Spitzenreiter sind Kroatien (adipös: 23 % / übergewichtig: 64,8 %) und Malta (adipös: 28,7 % / übergewichtig: 64,8 %).

Ungesunde Ernährung ist mit 14 Prozent aller Todesfälle in Deutschland verbunden, fast 11 Prozent gehen in Deutschland auf Adipositas zurück (EU-Durchschnitt: etwa 13 %).

In Frankreich sind es nur 7,5 Prozent, in der Schweiz 8,3 Prozent. Estland und Bulgarien führen die Rangliste mit fast 18 Prozent an.

Der tägliche Verzehr von Gemüse ist in Deutschland geringer als in den meisten anderen Ländern. Etwa 40 Prozent der deutschen Erwachsenen gaben an, dass sie nicht jeden Tag Obst oder Gemüse essen.

4. Bewegung

Ein weiterer Schlüssel zur gesundheit ist ausreichende Bewegung. Doch welche europäischen Nationen sind sportlich und welche eher nicht?

Der Anteil der Menschen, die einmal pro Woche Sport gesundheitsfördernden Sport treiben, liegt in Deutschland mit 67,3 Prozent deutlich über dem Europa-Durchschnitt mit 44,3 Prozent.

Die skandinavischen Nationen führen diese Rangliste aber an: In Norwegen liegt der Anteil sogar bei 84,2 Prozent, in Dänemark bei 75,8 Prozent und in Schweden bei 75,3 Prozent gefolgt von Finnland (74 %) und Island (71,1 %).

Polen (25,8), Bulgarien (13,6 %) und Rumänien (6,3) bilden die Schlusslichter.

Welche Nation macht welchen Sport?

Außerhalb der Arbeit bewegen sich die Nationen in unterschiedlichen Bereichen sportlich.

Marie-Theres Rüttiger
HIER SCHREIBT Marie-Theres Rüttiger

Marie-Theres ist Online Redakteurin für Gesundheits- und Versicherungsthemen bei ottonova. Sie konzipiert den Redaktionsplan, recherchiert und schreibt vor allem über (E-)Health und Innovation, die das Leben besser machen. 

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