Gesundheitssystem USA vs. Deutschland: Der Preis der Freiheit
In Deutschland gibt es die Pflicht zur Krankenversicherung. Du bekommst die medizinische Versorgung, die du benötigst und bist vor zu hohen Kosten geschützt - egal ob du gesetzlich oder privat versichert bist. Ganz so einfach haben es US-Amerikaner nicht: Ihr Gesundheitssystem gleicht einem Flickenteppich und Gesundheit ist ein Luxusgut, wie unser Vergleich der Gesundheitssysteme USA vs. Deutschland zeigt.
Aktualisiert am 1. Juli 2025
ARTIKEL FACHLICH GEPRÜFTvon unseren PKV-Experten
Inhalt des Ratgebers
Wie funktioniert das Gesundheitssystem der USA?
In den USA gibt es kein einheitliches Krankenversicherungssystem, sondern einen Mix aus privaten und staatlichen Versicherungen. Der Zugang und Umfang des Versicherungsschutzes hängen stark vom Einkommen, Alter, Gesundheitszustand und Bundesstaat ab.
Das US-System basiert auf der Idee: Jeder ist für sich selbst verantwortlich. Staatliche Einmischung gibt es nur in Ausnahmefällen. Versicherungen sind meist privat organisiert, der Staat greift lediglich für bestimmte Bevölkerungsgruppen ein.
Die Mehrheit der US-Bürger ist über den Arbeitgeber privat versichert, während staatliche Programme wie Medicare (für Senioren ab 65 und Menschen mit Behinderung) und Medicaid (für Geringverdienende) nur bestimmten Gruppen offenstehen. Kinder aus einkommensschwachen Familien können über CHIP abgesichert werden. Zusätzlich gibt es individuelle Versicherungen über sogenannte Marketplaces, die mit staatlichen Zuschüssen gefördert werden. Für Soldaten und Soldatinnen und Veteranen existieren eigene Programme wie Tricare und VA Health Care.
Hier ein Überblick über die wichtigsten Versicherungsarten:
Medicare: Für Menschen ab 65 Jahren und Personen mit bestimmten chronischen Erkrankungen.
Medicaid: Für einkommensschwache Haushalte, Schwangere und Kinder.
Private Krankenversicherungen: Entweder über den Arbeitgeber oder individuell über sogenannte Marketplaces abgeschlossen.
Viele US-Bürger und Bürgerinnen verzichten aus Kostengründen ganz auf eine Versicherung oder zahlen hohe Zuzahlungen und Selbstbehalte. Wer allerdings keine Versicherung hat, muss Behandlungskosten meist vollständig selbst zahlen – was insbesondere bei Notfällen oder chronischen Erkrankungen schnell existenzbedrohend werden kann.
Gesundheitssystem USA vs. Deutschland – wer schneidet besser ab?
Das US-amerikanische Gesundheitssystem bietet im Vergleich zum deutschen System dennoch einige Vorteile, aber auch gravierende Nachteile.
Positiv hervorzuheben ist die hohe Innovationskraft: Spitzenmedizin, modernste Technologien und individuell zugeschnittene Behandlungsangebote sind vor allem in großen Kliniken Standard. Wer gut versichert ist, erhält oft eine sehr komfortable Versorgung. Allerdings ist der Zugang stark vom Einkommen und Versicherungsstatus abhängig. Viele Menschen sind unter- oder gar nicht versichert und müssen medizinische Leistungen selbst zahlen – was zu hohen finanziellen Belastungen führt.
Im Gegensatz dazu basiert das deutsche System auf dem Solidarprinzip: Alle deutschen Bürger und Bürgerinnen haben – unabhängig vom Einkommen – Zugang zur medizinischen Grundversorgung, ohne Angst vor existenzbedrohenden Kosten. Dafür sind individuelle Wahlmöglichkeiten und Innovationstempo im deutschen System oft eingeschränkter als in den USA.
Vorteile des US-Systems:
High-End-Medizin, modernste Technik
Komfortable Klinikausstattung
Flexible Zusatzversicherungen
Nachteile:
Hohe Kosten & Zuzahlungen
Kein flächendeckender Zugang
Versicherung oft an Job gekoppelt
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Gesundheitssystem Deutschland
Gesundheitssystem USA
Grundidee
Das deutsche Gesundheitssystem basiert auf dem Sozialstaat, den Otto von Bismarck einführte
Das US-Gesundheitssystem ist marktwirtschaftlich gesteuert, der Staat mischt sich kaum ein
Organisation
In Deutschland kannst du dich privat oder gesetzlich versichern
In den USA ist die Krankenversicherung überwiegend privat geregelt. Staatliche Versorgung gibt es nur für Ältere, Behinderte und Einkommensschwache
Finanzierung
Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen Sozialversicherungsbeiträge
Die Finanzierung des US-Gesundheitssystems ist komplex und basiert auf staatlichen Zuschüssen für Programme wie Medicare und Medicaid, Zuzahlungen von Arbeitgebern und privaten Krankenversicherungen sowie direkten Zahlungen durch Selbstzahler.
Abrechnung
In der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) rechnet der Leistungserbringer, z. B. ein Arzt oder ein Krankenhaus, direkt mit der Krankenkasse ab. Privatversicherte hingegen begleichen die Rechnung zunächst selbst und reichen sie anschließend bei ihrer privaten Krankenversicherung (PKV) zur Kostenerstattung ein, wobei die Höhe der Erstattung vom gewählten Tarif abhängt.
Die Abrechnung im US-Gesundheitssystem erfolgt in der Regel so, dass Patienten ihre Rechnungen selbst bezahlen und die Kosten anschließend von ihrer Versicherung erstattet bekommen. Dabei fallen häufig Zuzahlungen für medizinische Leistungen an, und bei einem Arztbesuch ist oft ein Selbstbehalt (Copay) zu entrichten. Das System ist somit für den Patienten mit direkten Kosten verbunden.
Besonderheiten:
Das deutsche Gesundheitssystem steht vor besonderen Herausforderungen. Der demografische Wandel lässt die Kosten steigen, während die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) begrenzt sind. Dies führt unter anderem dazu, dass GKV-Versicherte bei bestimmten Behandlungen, wie zum Beispiel bei Zahnbehandlungen, oft hohe Zuzahlungen leisten müssen.
Das US-Gesundheitssystem ist bekannt für seine erstklassige medizinische Versorgung in spezialisierten Bereichen, ist aber auch extrem kostenintensiv. Eine Besonderheit ist, dass viele Menschen nicht krankenversichert sind und bei einem Jobverlust auch die Versicherung wegfallen kann, was den Zugang zur Gesundheitsversorgung stark einschränkt. Zudem haben Patienten oft nur eine eingeschränkte Arztwahl durch die Vorgaben ihrer Versicherung.
Gesundheitssystem USA: Wie finanziert sich das teure System?
Lebensstil: Hohe Rate an Fettleibigkeit und chronischen Erkrankungen.
Klagekultur: Hohe Arzthaftungsprämien führen zu höheren Honoraren.
Intransparente Preise: Medikamente und Behandlungen sind oft extrem teuer.
Fragmentierung: Kein einheitliches System, viele Anbieter mit eigenen Preisen.
Das US-Gesundheitssystem ist das teuerste der Welt – es verschlingt rund 17 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die hohen Kosten entstehen durch mehrere Faktoren: hohe Medikamentenpreise, ein starker Fokus auf Spezialmedizin, teure Verwaltungsstrukturen sowie eine ausgeprägte Klagekultur, die Ärzte und Ärztinnen zu hohen Absicherungen zwingt.
Zudem verzichten viele Menschen aus Kostengründen auf Vorsorge, was spätere Behandlungen teurer macht. Finanziert wird das System über einen Mix aus privaten Beiträgen, Arbeitgeberzuschüssen, staatlichen Programmen wie Medicare und Medicaid sowie direkten Zahlungen der Patienten und Patientinnen.
Durch die starke Marktlogik gibt es kaum Preisregulierung – was medizinische Leistungen oft unvorhersehbar teuer macht. Zahlreiche US-Amerikaner und -Amerikanerinnen sind unversichert oder unterversichert – und müssen Gesundheitskosten komplett selbst tragen.
Was änderte sich durch Obamacare (Affordable Care Act)?
Obamacare ist der umgangssprachliche Name für den Affordable Care Act (ACA), ein US-amerikanisches Gesundheitsreformgesetz, das 2010 unter Präsident Barack Obama verabschiedet wurde. Ziel: mehr Menschen den Zugang zu Krankenversicherung ermöglichen und die Gesundheitskosten langfristig senken.
Hauptziele des ACA:
Versicherungspflicht: Jeder US-Bürger musste krankenversichert sein (individuelle Mandatspflicht)
Staatliche Subventionen: Für Menschen mit geringem Einkommen
Keine Diskriminierung: Versicherer durften Menschen mit Vorerkrankungen nicht mehr ablehnen oder höhere Beiträge verlangen
Online-Marktplätze: Einführung von Health Insurance Marketplaces für private Versicherungen
Positive Auswirkungen:
Millionen Menschen, vor allem Geringverdiener, erhielten erstmals Versicherungsschutz
Medicaid-Ausbau in vielen Bundesstaaten
Rückgang der Zahl unversicherter US-Bürger (von ca. 16 % auf unter 9 %)
Kritikpunkte:
Höhere Beiträge für manche Gruppen, vor allem Selbstständige der Mittelschicht
Komplexe Regelungen und hoher Verwaltungsaufwand
Starke Abhängigkeit vom politischen Willen der Bundesstaaten
Während Präsident Trump das Gesetz in seiner ersten Amtszeit teilweise zurückschraubte – etwa durch die Abschaffung der Versicherungspflicht und Förderung abgespeckter Billigtarife –, stärkte Präsident Biden ab 2021 das System wieder, indem er Subventionen ausbaute und mehr Menschen in die Versicherung holte.
Seit der zweiten Amtszeit Trumps 2025 zeichnet sich erneut ein Kurswechsel ab: Er strebt eine stärkere Deregulierung an, will staatliche Zuschüsse reduzieren und die Verantwortung stärker auf die Bundesstaaten verlagern – was den Versicherungsschutz für viele Menschen künftig wieder einschränken könnte.
Inzwischen ist über 90 % der Bevölkerung versichert. Unklar bleibt jedoch, wie sich die Zahl der Versicherten entwickeln wird.
Obama (2009–2017): Deutlicher Anstieg versicherter Personen
Trump (2017–2021): Leichter Rückgang der Versicherten
Biden (2021–2025): Historischer Höchststand versicherter Personen
Trump II (seit 2025): Noch unklar, mittelfristig droht Rückgang
Wie läuft die medizinische Versorgung in den USA ab?
Versicherungsabhängiger Zugang: Ohne Versicherung drohen hohe Rechnungen.
Managed-Care-Modelle: Patienten schließen sich Netzwerken von Ärzten an, um Kosten zu sparen.
Emergency Rooms & Urgent Care: Notfallversorgung ist vorhanden, aber teuer und oft mit langen Wartezeiten verbunden.
Privatisierung: Viele Kliniken sind privat geführt und wirtschaftlich orientiert.
Für die US-Politik ist Gesundheit ein Schauplatz politischer Machtkämpfe. Für US-Bürger und Bürgerinnen ist sie dagegen Luxus: Die medizinische Versorgung ist auf hohem Niveau und in vielen Kliniken, die in privater Hand sind, genießen Patienten in modern eingerichteten Patientenzimmern viel Privatsphäre.
Doch Qualität hat ihren Preis: Die USA haben das mit Abstand teuerste Gesundheitssystem der Welt. Viele Menschen können sich den Arztbesuch deshalb kaum leisten. Zuzahlungen aus der eigenen Tasche sind die Regel, staatliche Unterstützung gibt es nur in medizinischen Notfällen.
Um die Kosten unter Kontrolle zu halten, gibt es unter anderem sogenannte Managed-care-Modelle – eine Art Netz von Hausärzten, denen sich Patienten anschließen können, um Kosten zu sparen. Wer krank ist, muss dann aber einen Arzt aus dem Netzwerk aufsuchen.
Notfälle werden in den aus Filmen und Serien bekannten Emergency Rooms behandelt. Allerdings nimmt ihre Zahl ab und oft müssen Patienten lange warten, bis sie behandelt werden. In vielen Krankenhäusern gibt es inzwischen private Urgent-Care-Center. Versicherte können dort gegenüber dem Emergency Room Geld sparen.
Digitalisierung im Gesundheitssystem: Deutschland vs. USA
Die USA sind Vorreiter bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen:
Elektronische Patientenakten seit Jahren Standard
KI-gestützte Diagnostik & Telemedizin weit verbreitet
Bessere Vernetzung zwischen Kliniken und Fachärzten bzw. Fachärztinnen
Deutschland holt nur langsam beim Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen auf:
E-Rezept seit 2024 Pflicht
Elektronische Patientenakte (ePA) & eRezept befinden sich noch in der Einführungsphase
Datenschutz sorgt für Verzögerungen
FAQS zum US-Gesundheitssystem
1930er Jahre: Anfang des 20. Jahrhunderts traf eine Wirtschaftskrise die USA mit voller Wucht, die Armutsrate im Land schoss in die Höhe. Aus dieser Zeit stammt der „Social Security Act“ – die Sozialversicherung sollte unter anderem Sicherheit im Alter bringen und wurde im Laufe der Zeit immer wieder reformiert.
Erste Krankenversicherungen: Zur gleichen Zeit entstanden auch erste Versicherungsunternehmen – denn viele Menschen konnten sich keine medizinische Versorgung mehr leisten, weshalb Ärzte und Krankenhäuser um ihre Existenz fürchteten.
1960er Jahre bis heute: Erst 1965 wurde der Social Security Act auch auf die Gesundheitsversorgung ausgedehnt, um Rentner und Bedürftige im Krankheitsfall zu unterstützen. 1997 wurde diese staatliche Fürsorge auch auf Kinder und schwangere Frauen aus einkommensschwachen Familien ausgedehnt.
Nein, in den USA ist die Krankenversicherung keine Pflicht und nicht alle Bürger sind versichert. Das amerikanische Gesundheitssystem basiert auf einem Mix aus privaten und öffentlichen Versicherungen, wobei der Großteil der Bevölkerung über den Arbeitgeber versichert ist. Millionen von Amerikanern, insbesondere Geringverdiener und Selbstständige, haben keine Krankenversicherung.