Das bessere Ich – Selbstoptimierung um jeden Preis?

Erfolgreicher, beliebter, attraktiver … die Liste der Superlative, die dein Leben vermeintlich besser machen, ist lang. Wir zeigen dir, warum Selbstoptimierung krank machen kann – im richtigen Maß aber auch deine Gesundheit fördern kann.

Deine Smartwatch vibriert mahnend: Steh auf, beweg dich, du bist heute noch keine 5.000 Schritte gelaufen. Also gut. Du gehst in die Küche. Ein Kollege hat Kuchen gebacken, aber du bist gerade wieder auf dem Single-Markt, also verzichtest du – der Speck muss weg.

Dir ist nach einer Zigarette, aber heute rauchst du alleine. Der Kollege, der dir sonst Gesellschaft leistet, hat gerade aufgehört: Er will endlich den Halbmarathon bezwingen. Ist es nur dein Gefühl, oder wollen immer mehr Menschen um dich herum alles anders und alles irgendwie richtig machen?


Der Trend zur Selbstoptimierung

Tatsächlich arbeiten immer mehr Menschen an ihrem perfekten Ich – bereits ein Drittel der Deutschen fühlen sich laut einer Studie von Corinna Mühlhausen aus dem Jahr 2016 bereits als Selbstoptimierer.

Zählst du dich auch dazu? Selbst wenn du noch gar nicht darüber nachgedacht hast, kannst du dich den Möglichkeiten zur Selbstoptimierung nur schwer entziehen: Dein Smartphone ist heute in der Lage, deinen Schlafrhythmus aufzuzeichnen und dich sanft zu wecken – die Perfektionierung des Schlafs. Unzählige Apps wollen dir dabei helfen, an dir selbst zu arbeiten und besonders produktiv zu sein – beruflicher Erfolg inklusive.


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Wie Musk und Zuckerberg dich optimieren wollen

​Digitale Technik spielt also eine immer größere Rolle bei der Selbstoptimierung. Eine Rolle, die Tesla-Gründer Elon Musk und Facebook-Chef Mark Zuckerberg scheinbar noch nicht groß genug ist: Beide Tech-Giganten träumen von Brain-Hacking – also der Verschmelzung von Hirn und Technologie, um die Grenzen des menschlichen Denkens zu überwinden. So träumt Musk davon, eine Schnittstelle zwischen dem Gehirn und dem Internet zu schaffen und die kognitive Leistungsfähigkeit des Menschen zu verbessern. Dahinter steckt die Angst, der Mensch könnte der künstlichen Intelligenz von Maschinen eines Tages massiv unterlegen sein.

Virtual Reality Heute noch am Kopf, morgen schon mit dem Gehirn verschmolzen? Geht es nach Elon Musk, wandert Technologie früher oder später in unseren Körper.
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Erwartungen zwingen uns zur Selbstoptimierung

Aber warum wollen Musk und Zuckerberg überhaupt im menschlichen Körper herumschrauben, um die Selbstoptimierung auf die Spitze zu treiben? Weil der Wunsch nach Perfektionierung viel älter ist, als die Technologie, die wir heute zur Selbstoptimierung heranziehen. Denn egal, ob du eine Gehaltserhöhung anstrebst oder dich im Fitnessstudio angemeldet hast: Überall begegnest du Erwartungshaltungen, die du erfüllen willst und erwartest gleichzeitig auch viel von dir selbst.

Es gibt also zwei Seiten der Selbstoptimierung:

Zum einen geht es darum, an sich selbst zu arbeiten. Fragen wie „Wer bin ich und wer möchte ich sein?“ spielen hier eine Rolle. Es geht um Persönlichkeitsentwicklung. Aber, wer zu hohe Erwartungen an sich selbst hat, schafft interne Stressfaktoren – und wird meist enttäuscht, wenn die viel zu hohen Ziele verfehlt werden.

Zum anderen ist da der Wunsch, der perfekte Mitarbeiter, die perfekte Schwiegertochter, der perfekte Vater zu sein. Das Streben nach Perfektionismus entsteht durch vermeintliche Ansprüche von außen und schafft externe Stressfaktoren. Auch hier ist ein Scheitern und Enttäuschung vorprogrammiert.

Welche Lebensbereiche das betrifft, ist von Person zu Person verschieden. Eine Studie hat sich damit beschäftigt und herausgefunden: Am häufigsten steht das Berufsleben im Zusammenhang mit Selbstoptimierung, gefolgt von Gesundheit und Fitness.

Lebensbereiche für Selbstoptimierung Wer sich schon einmal mit Selbstoptimierung beschäftigt hat, verbindet damit am ehesten das Berufsleben. (Quelle: GfK-Verein)

Der hohe Preis der Perfektion

Die Gefahr dabei: Wenn du dich ständig quantifizierst, mit anderen vergleichst und überzogenen Idealen hinterherjagst, wirst du auf Dauer nicht glücklich sein. Der Stress, der bei der Jagd nach Idealen entsteht, macht auf Dauer krank. Der ehemalige Skispringer Sven Hannawald musste das am eigenen Leib erfahren: Bei ihm führte der Zwang zur körperlichen Selbstoptimierung zum Burnout – und dem Ende seiner Skisprungkarriere. Seitdem erzählt er seine Geschichte, um andere für die Schattenseiten der Selbstoptimierung zu sensibilisieren.

Selbstoptimierung ist also kein Garant für die Karriereentwicklung. Aber leider kennen wir ihn alle: den Druck, immer mehr Ziele im Job oder im Privatleben erreichen zu müssen. Wie wäre es aber, dem Druck statt mit Selbstoptimierung mit Entschleunigung zu begegnen? Es mag schwierig klingen, aber: Gelassenheit kann man lernen.


Durch mehr Gelassenheit zum besseren Ich?

Das heißt nicht, dass du jetzt die Füße hochlegen und auf beruflichen Erfolg verzichten sollst. Vielmehr geht es um einen Perspektivwechsel. Es geht darum, die Ziele höher zu gewichten, die wirklich zählen. Und selbst diese Ziele musst du nicht mit totaler Perfektion erreichen. Manchmal reicht es schon, an seinem Zeitmanagement zu arbeiten und Ziele effizienter zu erreichen.


Zeitmanagement:

Einfache Methoden, die dir helfen



Um einen guten Mittelweg zu finden und gelassener zu werden, musst du dich mit dir selbst beschäftigen. Denn nur, wenn du deinen Blick auf dich selbst änderst, kannst du gelassener sein.

Das Schlüsselwort heißt hier: Perspektivwechsel. Versuche also herauszufinden, welche Ziele dir wichtig sind – und ob wirklich du dahintersteckst.

Ein Beispiel:

Du verfolgst vielleicht seit der Schulzeit einen klaren Karriereweg. Alles ist darauf ausgerichtet, eines Tages in deinem Traumjob erfolgreich und anerkannt zu sein. Du warst auf der richtigen Uni und weißt genau, welche Kontakte du noch brauchst, um irgendwann ganz oben auf der Karriereleiter anzukommen. Weißt du noch, wie das alles anfing? Steckst wirklich du hinter dem Karrierewunsch oder haben dich überwiegend äußere Einflüsse geprägt?

Zugegeben, es ist unheimlich schwer, solchen Fragen auf den Grund zu gehen. Oft merken wir gar nicht, dass unsere Wünsche gar nicht aus uns selbst heraus entstanden sind. Und vielen Menschen fällt es ohnehin schwer, sich damit auseinanderzusetzen, was sie wirklich wollen.

Hier sind ein paar Fragen, die dir einen Anreiz für deinen persönlichen Perspektivwechsel geben:

  1. Wer erwartet eigentlich etwas von mir und bringt es wirklich etwas, diese Erwartung zu erfüllen? Beispiel: Wer erwartet, dass du Überstunden im Job machst und führt das wirklich zur Beförderung?
  2. Haben die Erwartungen, die ich an mich selbst habe, wirklich ihren Ursprung bei mir? Beispiel: Woher kommt dein Wunsch, den perfekten Körper zu haben?
  3. Und die wichtigste Frage: Wo und wann bin ich vollkommen zufrieden?

Wenn du ein klareres, wertschätzendes Bild von dir selbst hast, wird es dir automatisch leichter fallen, in vielen Situationen gelassener zu sein. Versuche außerdem, dich einfach öfter zu entspannen und Dinge auch mal sein zu lassen.


Ein gesunder Ausblick

Wenn du das Gefühl bekommen hast, dass in dir ein kleiner Selbstoptimierer steckt und du das gar nicht so schlimm findest, dann haben wir eine gute Nachricht für dich: Es gibt auch Ansätze, positiv mit dem Thema Selbstoptimierung umzugehen. Das gilt vor allem im Hinblick auf Gesundheit.

Die Trendforscherin Corinna Mühlhausen, die sich damit beschäftigt, welchen Stellenwert Gesundheit und Fitness für die Deutschen haben, ist der Meinung, dass Selbstoptimierung durchaus dabei helfen kann, gesund, sportlich und leistungsfähig zu sein. Aber auch sie rät, dabei entspannt und selbstbestimmt zu bleiben.

Du siehst also: Mit Gelassenheit kommt man weiter als mit Perfektion. Die gute Nachricht: Auch hierfür gibt es digitale Helfer, die dich dabei unterstützen, zu entschleunigen.

App: Headspace

Mit dieser App entspannen auch die Mitarbeiter von Google und LinkedIn: Geführte Meditationen und Achtsamkeitstechniken verleihen dir in wenigen Minuten am Tag Ruhe und Ausgeglichenheit.

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Sabrina Quente
HIER SCHREIBT Sabrina Quente

Sabrina ist freie Autorin für Versicherungs- und Digitalisierungsthemen. Sie war Redakteurin bei Fachzeitschriften und lernte als Content Editor bei ottonova die vielen Facetten der Versicherungswelt kennen.

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