ASMR – was steckt hinter dem Kribbeln im Kopf?

Sie sollen beim Entspannen und Einschlafen helfen: Sogenannte ASMR-Videos, in denen die Protagonisten Geräusche mit alltäglichen Gegenständen, den Fingern oder dem Mund vor einem Mikrophon machen. Was hinter diesem Phänomen steckt, verraten wir in diesem Artikel.

Von A wie mit Alufolie knistern, über B wie mit der Bürste übers Mikro streichen bis Z wie in einer Zeitung blättern: Mit flüsternder Stimme führen ASMR-Artists ihre Fans in ihren YouTube-Videos durch unterschiedlichste Geräusche, sogenannte Eating-, Hand- und Mouth Sounds. Und ernten dafür in Echtzeit Komplimente und nette Kommentare von ihren Fans, die sich bei ihr für die herrlich entspannten Momente und die wohlige Gänsehaut bedanken.

Ziel erreicht! Denn genau solche Reaktionen sollen sogenannte ASMR-Videos bei den Zuschauern auslösen. Aber was genau verbirgt sich eigentlich hinter diesen vier Buchstaben?

Was genau ist ASMR?

ASMR steht für „Autonomous Sensory Meridian Response“. (Eine offizielle Übersetzung ins Deutsche gibt es aktuell noch nicht, daher hat sich hierzulande die Abkürzung für dieses Phänomen etabliert.)

Mit ASMR wird ein wohliges Kribbeln bezeichnet, das häufig wie zarte elektrostatische Entladungen beschrieben wird. Dieses Kitzeln beginnt meist an der Kopfhaut und breitet sich über den Nacken bis zu den Schultern aus und hält wenige Sekunden bis einige Minuten an. Viele Menschen empfingen dieses Gefühl als sehr entspannend und beruhigend.

Woher kommt das Phänomen?

Seinen Ursprung fand das ASMR-Phänomen im – wo sollte es anders sein - Internet. Genauer in einem Online-Forum der Website Steadyhealth.com, in dem Menschen mit einer sensorischen Gemeinsamkeit zueinanderfanden: einem angenehmen Kribbeln am Hinterkopf. Der Begriff ASMR wurde dann 2010 von Jennifer Alleen zusammen mit einer gleichnamigen Facebook-Gruppe kreiert, wie die Website Asmruniversity.com berichtet.

Der erste YouTube-Channel namens WhisperingLife wurde bereits 2009 veröffentlicht, wie das Portal weiter verrät. Und es dauerte offenbar nicht lange, bis ASMR zum YouTube-Trend wurde. Denn laut einer Schätzung von Forschern der Universität Sheffield waren 2018 bereits mehr als 13 Millionen Videos auf YouTube abrufbar.

Die ersten deutschen ASMR-Videos wurden laut Medienberichten 2012 veröffentlicht. Und inzwischen gibt es auch hierzulande einige sogenannter ASMR-Artists, die sich über stolze Abonnenten-Zahlen und treue Fans ihrer selbstgedrehten ASMR-Videos freuen dürfen.

Wie funktioniert die Entspannungsmethode?

Diese wohligen Kribbelgefühle werden in ASMR-Kreisen als „Tingles“ bezeichnet. Sie werden durch bestimmte Reize, sogenannte „Trigger“ verursacht. Hierbei handelt es sich um akustische, taktile sowie visuelle Reize.

Taktile Reize können beispielsweise sanfte Berührungen am Kopf sein. Visuelle Reize können Videos sein, in denen die Protagonisten alltägliche Tätigkeiten ausführen und damit beruhigende Geräusche erzeugen. Es liegt also gewissermaßen auf der Hand, dass der US-amerikanische Künstler Bob Ross für viele als ASMR-Vorreiter gilt.

Alle, die sich noch an den kultigen Maler aus den 1990er-Jahren erinnern können, wissen warum. In 403 Episoden seines TV-Malkurses „The Joy of Painting“ pinselte er sich in die Herzen seiner Zuschauer, selbst wenn diese nichts mit Malerei am Hut hatten. Vermutlich, weil seine extrem beruhigende Stimme in Kombination mit gleichmäßigen Pinselgeräuschen und dem sanften Kratzen des Spachtels auf der Leinwand eben eine extrem entspannende Wirkung hatten.

Diese Geräusche bezeichnet man in der ASMR-Szene als akustische Trigger. Hierzu zählen Geräusche, die beispielsweise mit den Händen oder Fingern, dem Mund oder mithilfe unterschiedlicher Alltagsgegenstände erzeugt werden.

ASMR

Die beliebtesten akustischen Trigger:

Für den optimalen Sound und ein möglichst intensives Kribbelerlebnis kommen in den entspannenden Videos hochwertige Mikrofone zum Einsatz.

Um möglichst viel Abwechslung in die ASMR-Erlebnisse ihrer Abonnenten zu zaubern, lassen sich die ASMR-Artists für ihre Videos immer wieder neue Ideen einfallen wie zum Beispiel Rollenspiele, in denen sie ihre Zuschauer direkt mit einbeziehen.

Das A und O bei diesen Videos ist die direkte Ansprache der Zuschauer. Denn diese vermeintlich persönliche Zuwendung empfinden die ASMR-Fans als beruhigend und entspannend.

Wie kannst du ASMR für dich nutzen?

Ob nach einem extrem stressigen Tag abzuschalten, am Wochenende zum Entspannen oder bei Einschlafproblemen – vielleicht können auch dir entsprechende ASMR-Videos beim Runterkommen und Abschalten nach einer stressigen Arbeitswoche helfen. Vielleicht aber auch nicht. Das muss aber nicht zwingend bedeuten, dass du nicht empfänglich für ASMR bist.

Vielleicht sprechend dich einfach visuelle und weniger im Flüsterton inszenierte Trigger einfach mehr an. Dann sagen dir vermutlich die Malkurs-Videos mit Bob Ross eher zu.

Vielleicht kannst du aber auch viel besser bei einem Meditations-Podcast, einem mit sanfter Stimme gesprochenen Hörbuch oder leiser Musik abschalten. Oder aber mit sanften Berührungen oder einer Massage.

Probiere es doch einfach mal aus. Vielleicht bringt ASMR die Entspannung, die du im stressigen Alltag manchmal vermisst.

5 Tipps für ASMR-Einsteiger:

Was sagt die Wissenschaft zum ASMR-Trend?

Auch wenn es nicht bei jedem kribbelt, der ASMR-Trend hat inzwischen längst auch Menschen erreicht, die das wohlige Kribbeln nicht verspüren. Denn auch ohne das Kitzeln am Hinterkopf werden die entspannenden Videos zum Abspannen oder als Einschlafhilfe geklickt, so das Ergebnis einiger Studien.

Allerdings reagiert nicht jeder mit ASMR auf entsprechende Reize. Und auch nicht jeder, der ASMR-afin ist, reagiert auf dieselben Reize, auch das haben bisherige Untersuchungen gezeigt.

Tatsächlich wurden schon mehrere wissenschaftliche Untersuchungen rund um das Thema ASMR durchgeführt. Eine konkrete wissenschaftliche Definition für dieses Phänomen gibt es bislang allerdings noch nicht. Dass ASMR-Videos bestimmte Areale im Gehirn stimulieren sowie positive Effekte wie etwa eine verringerte Herzfrequenz oder eine bessere Stimmung konnten Wissenschaftler allerdings schon in entsprechenden Studien wie etwa eine der Sheffield University aus dem Jahr 2018 messen.

Es gibt also noch jede Menge über ASMR-Phänomen zu erforschen. Beispielsweise, inwieweit ASMR zu therapeutischen Zwecken für die breite Masse genutzt werden kann.

Und irgendetwas schein dran zu sein. Denn neben erfolgreichen ASMR-Artists auf YouTube, haben inzwischen auch einige Unternehmen den ASMR-Trend zu Marketing-Zwecken für sich entdeckt. So veröffentlichte zum Beispiel das schwedische Möbelhaus IKEA 2017 ein 25-minütigen Werbevideo mit dem Titel „Oddly IKEA“ (dt: Seltsam IKEA), in dem eine Frau ganz ASMR-like über Bettdecken, Möbel und Interior-Accessoires streichelt.

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