Therapie-Apps: Per Fingerzeig zum Seelenfrieden?

Du willst effizienter arbeiten, gesünder essen oder den richtigen Partner finden? Garantiert gibt es dafür einen virtuellen Helfer im App-Store. Selbst psychische Probleme sollen sich mit Apps und Online-Plattformen einfacher erkennen und behandeln lassen. Aber was bringen solche Angebote? Und welche Rolle spielt der Arbeitgeber dabei?

Stress ist für immer mehr Menschen ein Problem – vor allem am Arbeitsplatz. Laut einer neuen LinkedIn-Studie betrifft das 82 % der Arbeitnehmer. Mehr als die Hälfte von ihnen verspürt dadurch hohe Anspannung, 40 % klagen über Schlafstörungen. Präventionsmaßnahmen vom Arbeitgeber können 40 % der Befragten trotzdem nicht erwarten. 

Dabei sollten gerade Arbeitgeber ein großes Interesse an mental fitten Mitarbeitern haben. Denn laut der Deutschen Rentenversicherung steigt die Zahl der Menschen, die aus psychischen Gründen berufsunfähig sind: So wurden 2018 über 170.000 stationäre Rehabilitationen bewilligt, die auf psychische Krankheiten zurückgehen – 40 % mehr als noch vor zehn Jahren.

Wie Unternehmen ihren Mitarbeitern helfen können

Laut der Umfrage „Global Wellbeing Survey“ aus dem Jahr 2016 planen immerhin 36 % aller Unternehmen, innerhalb der nächsten Jahre Programme für Stressmanagement oder Resilienz umzusetzen. Ein Unternehmen, das sich schon seit Jahren solche Programme entwickelt, ist Virgin Pulse.

Die Wellness-Plattform des Technologieanbieters kann von Unternehmen für das betriebliche Gesundheitsmanagements genutzt werden und soll so den Mitarbeitern zugutekommen. Damit werden Achtsamkeit und Stressresilienz im Unternehmen verankert, ohne Mitarbeiter zu stigmatisieren, die davon Gebrauch machen.

Virtuelle Hilfe bei psychischen Erkrankungen

Mitarbeiter von Unternehmen, die den Wert solcher Programme noch nicht erkannt haben, müssen vorerst noch eigenständig Wege finden, ihre psychische Erkrankung zu erkennen und Maßnahmen zu ergreifen. Und das ist oft gar nicht so einfach. Viele Menschen fürchten sich immer noch vor gesellschaftlicher Ausgrenzung oder haben Schwierigkeiten, bei der Therapie am Ball zu bleiben.

Stresstherapie Apps

Genau hier setzen immer mehr Therapie-Apps und Online-Plattformen – zu denen Arya und Selfapy gehören – an. Sie wurden zum Beispiel für Menschen mit Depressionen entwickelt. Eine Gesundheits-App zu Therapiezwecken bietet dem Nutzer den Vorteil, dass sie jederzeit und überall genutzt werden kann. Das macht die Therapie in vielen Fällen deutlich flexibler und günstiger. Zudem kann die Nutzung sofort beginnen. Auf einen Therapieplatz in einer Praxis müssen viele Therapiebedürftige dagegen monatelang warten.

App: Selfapy

Selfapy ist eine App zum Erfassen und Verstehen Deiner Stimmung und belastenden Verhaltensweisen.

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Telemedizin könnte die Situation von Therapiebedürftigen in vielerlei Hinsicht vereinfachen – zum Beispiel, wenn bei Depression spontan das Bedürfnis nach einem Ansprechpartner besteht. So wären Patienten auch unabhängiger von der Lage der Praxis und Sprechstunden. Mit digitaler Unterstützung könnten Therapeuten sich zukünftig außerdem ein kontinuierliches Bild von ihren Patienten machen, wenn diese zum Beispiel ihren Gemütszustand in einer App vermerken.

Tagebuch-App bei Depressionen

Genau diese Vision steckt hinter der Tagebuch-App Arya: Der Mood-Tracker erleichtert es dem Nutzer, seine Gefühlswelt festzuhalten und diskret aufzuzeichnen. Das Ziel soll es sein, dass die App von den Verhaltensmustern des Patienten lernt und basierend auf künstlicher Intelligenz Aktivitäten vorschlägt, die die aktuelle Stimmung verbessern sollen.

App: Arya Companion

Arya ist eine professionelle App zum Festhalten der Stimmung, die entwickelt wurde, um die Depressionstherapie zu unterstützen.

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Die App kann außerdem eine diskrete, aber dauerhafte Verbindung zwischen dem Therapeuten und dem Patienten schaffen, indem sie bei erkannten, kritischen Situationen eine Warnung an den Therapeuten sendet. Der kann dann mit dem Patienten sofort in Kontakt treten. Schließlich soll die App gegen Depressionen eine psychologische Beratung und eine Therapie nicht ersetzen, sondern verbessern – und so vor allem den Alltag der Betroffenen vereinfachen.

Psychische Erkrankung: ja oder nein? Ein Test erleichtert die Einordnung

Wer Arya nutzt, hat bereits einen großen Schritt hinter sich gebracht: Die Erkenntnis, dass etwas nicht stimmt und dass professionelle Hilfe nötig ist. Wer noch mit der Frage hadert „Bin ich psychisch krank?“, kommt der Antwort mit dem Depressionen-Selbsttest von Selfapy näher: Das deutsche Start-up bietet Online-Therapie an und verschiedene Tests zur Feststellung von Symptomen. Sie sollen die Hemmschwelle senken, die ein Gespräch mit einem Psychologen für viele Betroffene darstellt.

Hier finden nicht nur depressive Menschen Hilfe: Auch Stress, mangelndes Selbstwertgefühl oder auch Magersucht sind Gegenstand der Online-Kurse. Nach Ausfüllen eines Fragebogens, der gemeinsam mit der Uni-Klinik Hamburg-Eppendorf entwickelt wurde, sollen die verschiedenen Online-Kurse auf der Plattform den Nutzern helfen, ihre psychischen Probleme zu bearbeiten. Auch hier gibt es die Möglichkeit, das Ganze mit individueller Beratung zu kombinieren.

Wie wirksam sind Therapie-Apps und -Plattformen?

Ob Burnout, Stress oder Depression: Apps wie Arya oder Selfapy bieten Betroffenen viele Vorteile. Aber bringen die digitalen Helfer wirklich Besserung? Die Universität Indiana/USA hat sich mit dieser Frage in einer Metastudie beschäftigt. Untersucht wurde die Wirkung von internetbasierten Therapie-Apps gegen Depressionen. Demnach können die Apps leichte, mittlere und schwere Depressionen durchaus mildern.

Therapie-Apps

Eine weitere Studie aus Großbritannien kommt außerdem zu dem Ergebnis: App-basierte Therapien erzielen bei Depressionen und Angst mit 58 % sogar eine höhere Erfolgsquote als eine reine konventionelle Therapie mit 54 %. Wenn das nicht Grund genug ist, Therapie-Apps und -Plattformen mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Weltweit leiden etwa 300 Millionen Menschen an Depressionen. Und die LinkedIn-Studie zeigt, dass auch Stress eine ernstzunehmende psychische Erkrankung ist, die behandelt werden muss. Für Nutzer ist es heute oft noch schwer die Qualität und die Vertrauenswürdigkeit von Apps im Therapie-Kontext einzuschätzen. Plattformen wie Selfapy helfen dir aber sehr alltagsnah dabei, zunächst den eigenen Bedarf einzuschätzen, um dann mit einem Arzt oder Therapeuten zu klären, welche digitalen Hilfsmittel in Frage kommen.

Das Info-Telefon Depression

Manchmal ist es am Besten, direkt mit einem Menschen zu sprechen. Um Ansprechpartner zu finden, gibt es das kostenfreie Info-Telefon Depression der Deutschen Depressionshilfe.

Tel: 0800 3344533
Sabrina Quente
HIER SCHREIBT Sabrina Quente

Sabrina ist freie Autorin für Versicherung und Digitalisierung sowie Gesundheitshemen. Sie war Redakteurin bei Fachzeitschriften und lernte als Content Editor bei ottonova die vielen Facetten der Versicherungswelt kennen.

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