„Warum gibt es keine Convenience im Gesundheitsbereich?“

Fünf Fragen zu E-Health und Telemedizin an Dr. med. Tobias D. Gantner, Geschäftsführer bei Healthcare Futurists.

Freisteller Magazin Hero

ottonova: Was bedeutet Telemedizin?

Dr. Tobias Gantner: Für mich macht Telemedizin vor allem die Nahtlosigkeit in der Patientenbehandlung aus. Sie ermöglicht es, die ärztlichen Fähigkeiten mit den Patienten zusammenzubringen und dabei auf seine Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen. Telemedizin ist die Verlagerung des Arzt-Patienten-Kontaktes auf eine andere Ebene. Es geht dabei nicht um die Abschaffung dieser Beziehung. Allerdings ändert sich ihre Exklusivität. Neben dem Arzt, der oft viele Generationen einer Familie behandelt, bietet Telemedizin den Kontakt zu Ärzten, die möglicherweise ganz woanders sitzen.

Wie sieht diese Nahtlosigkeit in der Praxis aus?

Stellen wir uns einen Manager vor, der gern eine Vorsorgeuntersuchung machen würde. Nahtlosigkeit in dem Zusammenhang heißt für mich, dass jemand weiß, dass der Manager zum Beispiel gerade 45 Jahre alt ist und ihm deshalb vorschlägt, einen Check-up zu machen, das passende Programm dafür zusammenstellt und die Arzttermine für ihn bucht und er dann auch noch die Möglichkeit bekommt, dass ein Experte die Zusammenschau aller vorliegender Untersuchungen macht.

So etwas sollte doch bei den Patienten gut ankommen. Wo hakt es bei der Umsetzung von Telemedizin?

Gerade im GKV-Bereich gibt es noch eine gewisse Ablehnung. Und zwar nicht notwendigerweise von den Ärzten, die die Basisarbeit machen, sondern von den politischen Standesvertretern. Diese sehen sich in der Position, verteidigen zu müssen, was sie über lange Zeit aufgebaut haben und was sich in ihrer Lebenswirklichkeit auch bewährt hat. Im Moment ist der Tenor, dass gar kein Ärztemangel besteht, sondern die Verteilung der Ärzte optimiert werden muss. Wenn aber Patienten damit beginnen, Ärzte zu buchen, die ganz woanders sitzen, müsste man ja zugeben, dass der Versorgungsauftrag verfehlt würde. Deshalb ist es gut, dass Unternehmen wie ottonova das System aufmischen.

Welche Rolle spielen Patienten dabei?

Patienten wollen heute so einfach mit ihrer Gesundheit umgehen können, wie sie es vom Online-Shopping kennen. Warum gibt es diese Convenience nicht im Gesundheitsbereich? Ich predige schon lange, dass es Lösungen wie den Medical Concierge geben muss. Die ottonova hat ja etwas in dieser Art geschaffen. Also einen „medizinischen Freund“, der bei allen gesundheitlichen Fragen unkompliziert hilft. Das ist doch das, was wir brauchen.

„Patienten wollen heute so einfach mit ihrer Gesundheit umgehen können, wie sie es vom Online-Shopping kennen. Warum gibt es diese Convenience nicht im Gesundheitsbereich?“

Jetzt twittern

Wie lässt sich das Thema Convenience am besten ins Gesundheitswesen integrieren?

Ich wage eine Prognose: Über die gegenwärtigen digitalen Patientenakten wird das nicht funktionieren. Denn die Frage ist, wie Gesundheitsdaten, die eine Smartwatch produziert, in die Gesundheitsakte kommen und sich nutzen lassen. Convenience entsteht erst dann, wenn mir die Gesundheitsakte eine Nachricht sendet und mich darauf hinweist, dass ich keine zweite Tafel Schokolade essen und stattdessen vielleicht ein paar Schritte gehen sollte. Spannend wird es also erst, wenn Daten in Informationen und Informationen in Handlungsempfehlungen umgesetzt werden können.

Vielen Dank für das Gespräch! 

Sabrina Quente
HIER SCHREIBT Sabrina Quente

Sabrina ist freie Autorin für Versicherungs- und Digitalisierungsthemen. Sie war Redakteurin bei Fachzeitschriften und lernte als Content Editor bei ottonova die vielen Facetten der Versicherungswelt kennen.

Weitere Artikel finden

Weitere Artikel